Kein Wort zu Papa - Roman by dtv

Kein Wort zu Papa - Roman by dtv

Autor:dtv
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Herausgeber: dtv


Nur noch ein Tisch im Frühstücksraum war besetzt. Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen, und nickte freundlich.

»Guten Morgen, Herr Bernd.«

Adelheid drehte sich sofort zu mir um. »Du kannst den Rest stehen lassen, Christine, ich mache das dann. Guntram und ich wollen noch in Ruhe eine Tasse Tee trinken.«

»Natürlich.« Ich biss mir auf die Unterlippe und ging zurück in die Küche, wo Gesa und Ines die Reste vom Frühstücksbuffet wegräumten. Ich nahm eine der geblümten Tassen und goss einen Kaffee ein. »Wo kommt das Geschirr eigentlich her?«

»Das hat Jurek gestern Abend noch von Adelheid geholt. Das ist ihr altes Pensionsgeschirr. Früher hat sie doch auch vermietet. Und sie wirft ja nichts weg.« Gesa polierte eine Platte. »Sitzt sie immer noch bei Herrn Bernd am Tisch?«

»Ja. Aber sie sagt schon ›Guntram‹.«

Ines grinste. »Sie trägt auch wieder Lippenstift. Wo ist Jurek eigentlich? Der wollte doch den Schrank reparieren. Gesa? Was hast du mit ihm gestern angestellt?«

Statt zu antworten, polierte sie schneller. Meine Schwester nahm ihr die Platte aus der Hand.

»Jetzt erzähl schon. Bevor Hanna und Charlotte hier anrücken.«

»Ines, lass sie doch.«

Ich hatte im Moment keine Lust, mir Liebesgeschichten anzuhören. Mir war gerade eingefallen, dass mein Handy immer noch auf der Fernsehzeitschrift lag, inzwischen wohl mit leerem Akku. Falls Johann versucht hatte, mich zu erreichen, hatte er Pech gehabt. Oder ich, je nachdem.

»Sind denn jetzt alle Gäste beim Frühstück gewesen?« Ich hatte Tom und seine Mutter noch gar nicht gesehen.

Gesa nickte. »Ja. Das heißt, alle bis auf Frau Hansen. Die wollte auf ihrem Zimmer frühstücken, ihr Sohn war allein. Er hat nach dir gefragt.«

»Ach ja«, Ines fuhr hoch. »Der hat gestern noch bei uns geklopft, also eigentlich heute Morgen. Da wollte er auch schon mit dir reden. Ich habe ihm gesagt, du wärst im Bett. Und außerdem betrunken.«

Demnach hatte ich das doch nicht geträumt. »Das hättest du auch anders formulieren können.« Ich wich Gesas neugierigem Blick aus und stellte die leere Kaffeetasse in die Spüle. »Wo ist bitte die Einkaufsliste, die Hanna gestern geschrieben hat? Die lag doch hier.«

»Auf der Fensterbank.« Adelheid kam mit dem restlichen Geschirr in die Küche und stellte das Tablett ab. »Eine von euch muss jetzt auch los. Gesa, hast du den Korb mit den Handtüchern auf die Treppe gestellt?«

Im Flur klingelte das Telefon. Adelheid sagte: »Ich gehe schon«, meldete sich und kam nach einer kleinen Pause zurück.

»Für dich.« Misstrauisch sah sie mich an. »Es ist schon wieder dieser Anwalt. Kann mir mal jemand …«

»Danke, Adelheid«, ich nahm ihr das Telefon ab und hielt es ans Ohr. »Ganz kleinen Moment, ich gehe ins Büro.« Als ich eingetreten war, schloss ich hinter mir die Tür.

»Guten Morgen, Herr Kühlke.«

»Morgen, Frau Schmidt. Ja, also, ich habe einige Neuigkeiten.«

Seine Stimme klang neutral. Ich verspürte einen Anflug von Erleichterung und lehnte mich an den Schreibtisch.

»Na endlich. Das ist ja gut. Wann kommen sie denn jetzt?«

Er zögerte einen kleinen Moment. Dann sagte er: »Sitzen Sie?«

»Nein.«

»Dann machen Sie das lieber.«

Etwas an seinem Tonfall zwang mich dazu, mich langsam auf Marleens Schreibtischstuhl sinken zu lassen.

»So, ich sitze. Also?«

Ralf Kühlke räusperte sich.



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