Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition) by Kemfert Claudia

Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition) by Kemfert Claudia

Autor:Kemfert, Claudia [Kemfert, Claudia]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Murmann Verlag (com)
veröffentlicht: 2013-01-29T00:00:00+00:00


Wer zehnmal lügt, dem glaubt man dann

Der Strompreis steigt. Diese Tatsache ist unbestritten. Fassen wir also noch einmal zusammen: Für den Ausbau der erneuerbaren Energien bezahlen wir die EEG-Umlage, und damit erhöht sich unser Strompreis. Das ist in Ordnung, wenn wir bereit sind, für eine nachhaltige Energieversorgung einzustehen. Nicht in Ordnung ist, dass man uns vorgaukelt, der Atomstrom sei billig zu haben und die Umweltschäden aus Kohlekraftwerken seien zu vernachlässigen. Auf diese Weise wird dem grünen Strom das falsche Etikett eines Luxusproduktes angeheftet, das sich nur eine reiche Gesellschaft leisten kann. In Wahrheit zieht der Staat sich aus der Verantwortung, indem er Abgaben auf den Stromkunden abwälzt, die vorher aus der Staatskasse bezahlt wurden. – Oder die, wie es bei der Befreiung der energieintensiven Industrie der Fall ist, noch heute aus der Staatskasse bezahlt werden sollten.

Gleichzeitig nutzt solche Politik jenen in doppelter Weise, die gegen erneuerbare Energien zu Felde ziehen: Einerseits haben sie einen Schuldigen für ihre überzogenen Stromrechnungen. Gebetsmühlenartig wiederholen sie die Behauptung, der Ökostrom sei so kostenintensiv, dass er uns in den Ruin treiben wird. Andererseits nutzen sie die EEG-Umlage zu Propagandazwecken, um so die Energiewende auszuhebeln oder wenigstens zu bremsen und dafür mehr Kohlekraftwerke zu bauen.

Es ist erschütternd, mit anzusehen, wie sich Missverständnisse, Irrtümer und Fehlinformationen über den Strompreis in den Köpfen der Bevölkerung festgesetzt haben. Als ich im Frühjahr 2012 für das Schattenkabinett von Norbert Röttgen als Energieministerin nominiert war, erlebte ich dies auf unseren Wahlkampfreisen durch Nordrhein-Westfalen. Große Teile des Mittelstands und der CDU-Basis waren – und sind – gegen die Energiewende, weil sie der Behauptung Glauben schenken, der Strompreis ruiniere die Wirtschaft. Das überraschte mich insofern besonders, als die Energiewende ja gerade den unternehmerischen Mittelstand stärkt. Doch immer wieder erzählten mir Unternehmer während der Wahlkampfveranstaltungen, dass Betriebe durch die hohen Strompreise in den Bankrott getrieben würden. Besonders in Erinnerung ist mir ein Stahlhersteller, der aus diesem Grund schließen musste. Ihm sagten die Energieversorger, schuld an den hohen Strompreisen sei die Energiewende. Schaut man sich jedoch die Stromrechnungen der vergangenen Jahre genau an, zeigt sich, dass fast ausschließlich steigende Gas- und Kohlepreise, fehlender Wettbewerb zwischen den Großkonzernen und andere Faktoren für die steigenden Strompreise verantwortlich sind. Allerdings sind bis dato selbst Versuche des Kartellamts gescheitert, die Strompreise transparent zu machen, die den Verbrauchern von den Konzernen einfach diktiert werden. So können die Energieunternehmer problemlos erklären, die Energiewende sei schuld an den hohen Preisen, während sie in Wahrheit saftige Gewinne einfahren: Allein die drei Konzerne RWE, Eon und EnBW konnten ihre Gewinne zwischen 2002 und 2010 versiebenfachen und nahmen in diesem Zeitraum zusammen 100 Milliarden Euro ein.

Wer einmal zum Sündenbock geworden ist, wird häufig auch noch Opfer von Mitläufern: Ausgerechnet die Deutsche Bahn sprang unlängst auf den fahrenden Zug auf und begründete ihre jährlich fälligen Preiserhöhungen im Herbst 2012 mit – Sie ahnen es wohl schon – steigenden Energiekosten! Gerade die Bahn, die sich zu den Vorreitern der grünen Wirtschaft zählt und sich auf einem Titelblatt der Wirtschaftswoche zum Thema Energie stolz als grünes Unternehmen abbilden ließ.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.