Kalifat des Todes - Thriller by Rolf Lohbeck

Kalifat des Todes - Thriller by Rolf Lohbeck

Autor:Rolf Lohbeck [Lohbeck, Rolf]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Karin Fischer Verlag
veröffentlicht: 2015-05-17T16:00:00+00:00


XI Der letzte Zeuge

Das Heim für alte Menschen war schön gelegen am Stadtrand von Des Moines, im Grüngürtel der Stadt. Es war keine Residenz der VIP-Klasse, eher im mittleren Segment. Dafür konnten die männlichen und weiblichen Senioren eine herrliche Aussicht auf den im Sonnenlicht glitzernden See genießen, der ihrem Heim vorgelegen war.

Etwa neunzig Bewohner fanden in dem in den fünfziger Jahren gebauten Gebäude Platz. Jeder Bewohner besaß ein eigenes Zimmer mit eigenem Bad, was in amerikanischen Altenheimen keine Selbstverständlichkeit war. Zwei oder mehr Bewohnern teilten sich Zimmer und Bad. Das Altenheim erstreckte sich über vier Geschosse, die über zwei Bettenaufzüge erreichbar waren.

Die Pflegefälle ergaben sich im Lauf der Jahre bei fast jedem Bewohner. Er wurde entsprechend seinem biologischen Alter bettlägerig und verschied in absehbarer Zeit, die in hartnäckigen Fällen bis zu drei Jahren ausmachen konnte. Dies hing manchmal mit der Pflegewilligkeit des Personals zusammen. Hundertjährige waren eher selten. Das lag auch an der erhalten gebliebenen geistigen Substanz der Senioren. Demente Patienten wussten in der Regel nicht mehr, wo der Notruftaster war, oder hielten ihn für ein nicht mehr zu identifizierendes Bettutensil ohne besonderen Zweck.

So ging das Leben weniger mühselig an ihnen vorbei, allerdings auch die nicht gerufene Pflegehilfe.

Trotzdem herrschte in der Seniorenpflegeeinrichtung durchweg zufriedene Stimmung, wenn man sich mit dem bedauerlichen Verlust der gewohnten Umgebung nach einer Zeit der Eingewöhnung abgefunden hatte und bemerkte, dass die frühere Last und Aufregung des täglichen Lebenskampfes in der Freiheit einem ruhigen und gleichmäßigen Dahingleiten – manchmal auch Dahindämmern – gewichen war.

Über die täglichen Highlights der vier abwechslungsreichen Mahlzeiten konnte nicht geklagt werden, und die Auswahl zwischen zwei Mittagsgerichten war geradezu luxuriös, weil im vorigen Leben nicht üblich.

Auf den breiten Fluren herrschte jetzt nach dem Mittagessen friedvolle Stille, da bis fünfzehn Uhr die meisten Senioren ein Mittagsschläfchen hielten. In dieser Zeit konnten die Schwestern ihre Pflegedokumentation niederschreiben. Nur aus den Wohnzimmern der einzelnen Stationen wehten die Fernsehgeräusche gedämpft herüber, da einige Bewohner ihren Mittagsschlaf erst vor laufendem Fernsehprogramm fanden, indem sie in den bequemen Hochlehnsesseln sanft einschlummerten. Das wurde von den Pflegekräften toleriert, weil es ihnen das An- und Ausziehen ihrer Pfleglinge ersparte.

In Zimmer 211, einem geräumigen Apartment mit Kochnische und großem Balkon – diese Ausstattung gab es für die wirtschaftlich besser gestellten Zuzahler –, hatte Admiral Herbie Guest seinen Mittagsschlaf angetreten und war in unruhigen Tiefschlaf versunken.

Seit fast sechs Monaten war er bettlägerig und hatte eine leichte Demenz entwickelt, die rapide zunahm.

Immerhin erkannte er noch seine Pflegerin und erzählte ihr und den immer weniger gewordenen Besuchern – der letzte Enkel seiner verstorbenen Tochter kam nur noch sehr sporadisch – gerne von seinen Seeabenteuern. Auch mit seinen fünfundneunzig Jahren hatte er noch eine erstaunlich klare und kräftige Stimme.

Kurz nach vierzehn Uhr öffnete sich nach leisem Klopfen die Zimmertür, und eine junge, kräftige Schwester in weißem Kittel trat herein. Sie beugte sich über den schlafenden Admiral und rüttelte ihn leicht an der Schulter. Aber erst nach einem kräftigen Schütteln kam er aus seinem Schlaf.

»Was gibt es denn schon wieder, ich bin doch gerade erst eingeschlafen.«

»Das meinen Sie nur, Herr Admiral.



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