Jena 1800 by Peter Neumann
Autor:Peter Neumann
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Siedler Verlag
veröffentlicht: 2018-12-12T16:00:00+00:00
Hegel und die Nussknacker:
Philosophie ist kein Studentenfutter
Unbändig ist die Freude, als Schelling seinen alten Freund aus Tübinger Tagen wieder in die Arme schließen kann: Hegel ist da, und er plant, länger in Jena zu bleiben. Gemeinsam mit Hölderlin hatten sie eine Stube im Tübinger Stift bewohnt. Groß sind die Worte gewesen, mit denen sie sich damals verabschiedet haben. Die Losung verhieß nicht weniger als das »Reich Gottes« oder die »unsichtbare Kirche auf Erden«, sie lautete Freiheit und Vernunft.
Berühmte Namen sind mit dem Stift verbunden: Philipp Nicodemus Frischlin, Johannes Kepler, Friedrich Christoph Oetinger. Hölderlin, Hegel und Schelling haben sich damals geschworen, dass auch ihre Namen einst in der Reihe der Absolventen hervorleuchten werden.
Hölderlin und Hegel, beide 1770 geboren, kommen mit achtzehn auf die Universität und zum Wohnen ins Stift. Schelling, Jahrgang 1775, stößt zwei Jahre später dazu. Er ist begabt, außerordentlich sogar, und ausgestattet mit einem Selbstbewusstsein wie ein kleiner Gott. Seine Heroen heißen Platon, Herder, Kant. Als man auf der Lateinschule in Nürtingen feststellt, dass man ihm ja doch nichts mehr beibringen kann, was er sich nicht schon längst selber beigebracht hätte, und auch die Klosterschule in Bebenhausen mit ihrem Latein am Ende ist, erhält er per Sondergenehmigung im Alter von fünfzehn Jahren die Erlaubnis zum Studium in Tübingen.
Theologie, für dieses Studienfach haben sich alle drei entschieden. Schließlich soll einmal etwas Anständiges aus ihnen werden, gern sähen ihre Väter sie als Pfarrer oder Lehrer – als Philosophen oder Dichter sicher nicht. Bald lässt sich erahnen, dass aus diesen Wünschen wohl nichts wird.
Gemeinsam beobachten Hölderlin, Hegel und Schelling den Aufstieg zuerst der kantischen, dann der Fichte’schen Philosophie – und feiern ihn frenetisch. Genauso wie sie den Geist der Französischen Revolution willkommen heißen. Man liest französische Zeitungen, verschlingt die eintreffenden Nachrichten. Besonders Hegel interessiert sich für die Tagespolitik, die Ereignisse in Frankreich, mehr als für die theologische Sophisterei.
Es geht ihnen nicht bloß um politische Freiheit oder Freiheit vom dogmatischen Zwang, die sich mit einem Schlag herstellen ließe. In einem viel umfassenderen Sinne begreifen sie Freiheit als einen unendlichen Prozess der Befreiung der menschlichen Gattung als solcher, eine ständige Herausforderung bestehender Beschränkungen und Grenzen, auch der eigenen. Aufbruchsstimmung ist zu spüren: Ging mit Kant die Sonne auf, so strahlt sie mit Fichte schon derart hell, dass sich die Sumpfnebel bald zerstreut haben werden. Diese tiefe Hoffnung, die die drei Stubengenossen teilen, hält sie während des drögen Stiftsalltags leidlich über Wasser.
Die Tübinger Universität, eine der ältesten Europas, ist Ausbildungsstätte für den Schul- und Kirchendienst. Ansonsten gibt es im Herzogtum Württemberg noch die sogenannte Karlsschule in der Residenzstadt Stuttgart, die in der Regel von Medizinern und Juristen besucht wird.
Neben Stuttgart wirkt Tübingen wie aus der Zeit gefallen. Die Straßen sind eng, krumm und schlecht gepflastert, abends kaum beleuchtet. In vielen Gassen liegen Misthaufen vor den Häusern. Für eine Stadt, die sich die zweite Haupt- und Residenzstadt nennt, eine berühmte Universität und ein Hofgericht beherbergt, untragbare Zustände. Der Kontrast ist umso schärfer spürbar, als Tübingen in einer landschaftlich ausnehmend schönen Gegend liegt, direkt am Neckar, von Wiesen, Weinbergen und Obstgärten umgeben.
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