Ich und Selbst: Konstruktionen und Behandlungskonzepte by Marie-Luise Althoff

Ich und Selbst: Konstruktionen und Behandlungskonzepte by Marie-Luise Althoff

Autor:Marie-Luise Althoff
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783662565445
Herausgeber: Springer Berlin Heidelberg


Das Ich ist ebenfalls als soziale Konstruktion aufzufassen (vgl. Prinz 2004b, S. 24).

Bio- psycho-soziales Modell

Diese Herangehensweise kann auch als eine bio-psycho-soziale eingestuft werden. Prinz vertritt die Auffassung, dass die Ausbildung von Bewusstsein an bestimmte neurobiologische Bedingungen als notwendige Voraussetzung gebunden ist. In Übereinstimmung mit Roth ist er überzeugt davon, dass diese Bedingungen jedoch nicht hinreichend sind, um die Ausbildung von Bewusstsein zu erklären. Seiner Meinung nach müssen für eine hinreichende Erklärung des Phänomens Bewusstsein die neurobiologischen Voraussetzungen und die gesellschaftlich-politischen Bedingungen veranschlagt werden.

Das Gleiche gilt für die Phänomene des bewussten Ich und des freien Willens. Der freie Wille ordnet sich in Prinz‘ Modell als Konstruktion in das Selbstbild des Menschen ein und ist in diesem real, wirksam und legt den Handlungsspielraum des Individuums fest (Prinz 2004a, S. 205 f.).

Nach der Einbettung der Ergebnisse der Neurobiologie und der empirischen Psychologie in einen konstruktivistischen Ansatz, betrachte ich es als gerechtfertigt, Wille und Freiheit ebenso wie Ich und Selbst als soziale Konstruktionen anzuschauen, zu denen es (bislang) kein Pendant im Bereich der naturwissenschaftlich messbaren Gehirnaktivität gibt. Die Hirnforschung versucht zuweilen, Qualitäten von Wahrnehmungen mit naturwissenschaftlichen und allgemeingültigen Parametern zu erklären. Wahrnehmungen sind jedoch, in Übereinstimmung mit der Mehrzahl der Hirnforscher, subjektive Phänomene, die auch wesentlich von den spezifischen biologischen und sozialen Erfahrungen des Individuums abhängen. Es stellt sich so dar, dass das subjektive Empfinden eines Gefühls auf der einen Seite steht und auf der anderen die messbare Gehirnaktivität. Diese beiden Kategorien sinnvoll aufeinander zu beziehen, ist (bislang) nur bedingt möglich, sollte in Zukunft immer wieder versucht werden, aber führt bei so komplizierten Phänomenen wie dem des freien Willens zu den diskutierten Missverständnissen.



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