Ich arbeite in einem Irrenhaus by Martin Wehrle

Ich arbeite in einem Irrenhaus by Martin Wehrle

Autor:Martin Wehrle
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Tags: Belletristik
Herausgeber: Ullstein
veröffentlicht: 2010-12-31T23:00:00+00:00


Betr.: Wie ein Kollege zum »Betriebsspion« gestempelt wurde

Der Kollege hatte genau das getan, was bei uns im Konzern üblich war: sich selbst eine Mail mit Anhang geschickt, von der Dienst- an die Privatadresse. Er wollte seine Konstruktionsarbeit am Wochenende fortsetzen, ohne den Laptop mitschleppen zu müssen.

Fünf Tage später führte ihn der Sicherheitsdienst wie einen Schwerverbrecher aus dem Großraumbüro und brachte ihn zum Werkstor. Der Vorwurf: Betriebsspionage. Die Konsequenz: fristlose Kündigung!

Eine der zahllosen Richtlinien in unserem Konzern gab vor: »Vertrauliche Konstruktionsdaten« durften das Werksgelände nicht verlassen, weder auf Datenträgern noch per Mail. Diese Regelung aber traf auf unsere Abteilung nicht zu. Die Konstruktionspläne, an denen wir arbeiteten, waren so wenig vertraulich wie der Benzinpreis an der nächsten Tankstelle – reine Routinearbeiten.

Der Kollege, den es getroffen hatte, war als Muster an Zuverlässigkeit und Loyalität bekannt. Er arbeitete seit 25 Jahren für den Konzern. Unser Abteilungsleiter war bei der Entscheidung übergangen worden – er klärte seine Chefs über die Hintergründe auf und setzte sich für seinen Mitarbeiter ein. Doch die Manager wollten ihr Gesicht wahren. Sie blieben bei dem Standpunkt, die Daten seien »vertraulich« gewesen und der scheinbare Arbeitseifer eine raffinierte Form der »Betriebsspionage«.

Erst ein Arbeitsgericht machte diesem Spuk ein Ende: Der Kollege wurde wieder eingestellt. Seit diesem Vorgang wissen wir, dass in dieser Firma die Richtlinien mehr als die Mitarbeiter zählen. Darum machen wir kaum noch Überstunden. Schon gar nicht unentgeltlich zu Hause.

Guido Fesenmeyer, technischer Zeichner



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