Herbstvergessene by dtv

Herbstvergessene by dtv

Autor:dtv [dtv]
Die sprache: rus
Format: epub
Herausgeber: dtv
veröffentlicht: 2012-11-07T17:00:00+00:00


Kurz vor Beginn der Namensweihe hatte Hanna sich wie von Zauberhand »erholt«. Sie sah gut aus, ihre Wangen waren rosig, die Augen blauer und strahlender denn je und ihre Haare umrahmten in duftigen Wellen ihr Gesicht. Sie hatte »danach« wohl noch die Zeit gefunden, sich die Haare zu machen. Plötzlich blitzte eine Erinnerung auf, an jenen Tag im Park, als ich Hannas roten Mantel durch das Geäst hatte leuchten sehen. Und als mir kurz darauf bewusst wurde, dass Hanna sich schon damals davongestohlen hatte, um sich mit einem Mann zu treffen, spürte ich eine Welle der Enttäuschung heranrollen, die mir einen Moment lang fast den Atem verschlug.

Die große Halle war erfüllt von Stimmengewirr. Hanna und ich und die anderen beiden Mütter, deren Kinder heute die Namensweihe empfangen sollten, nahmen in der ersten Reihe Platz, auf dem Schoß die Kleinen, im Sonntagsstaat. Ich drehte mich um und ließ langsam den Blick durch die Reihen wandern. Über die Pensionärinnen und meine Kollegen, die Herren des Vorstands und die SS-Leute, die gekommen waren, um – wie es Usus war – die Patenschaft für die Kinder zu übernehmen. Immer wieder tastete ich die Gesichter dieser Männer ab. Ob einer von ihnen früher gekommen war und einen Abstecher ins Nebengebäude gemacht hatte, heute kurz vor dem Mittagessen? So wie ich selbst hatte auch Hanna nie viel vom Vater ihres Kindes gesprochen, und was sie erzählt hatte – daran dachte ich nun –, war vage und nichtssagend gewesen. In der dritten Reihe blieb mein Blick an einem SS-Mann hängen, der neben einer Frau saß, ganz offensichtlich seiner Ehefrau. Kurz zuvor hatte ich ihn mit Hanna vor dem Kamin stehen sehen und er würde, soweit ich wusste, die Patenschaft für Hannas Kind übernehmen. Es war ein gut aussehender Mann um die fünfzig, mit angegrauten Schläfen und einem gewinnenden Lächeln. Er war groß, schlank und machte einen äußerst feschen Eindruck in seiner Uniform. War es möglich, dass er bei Hanna gewesen war?



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