Heidern by Jack Womack

Heidern by Jack Womack

Autor:Jack Womack [Womack, Jack]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2012-01-18T23:00:00+00:00


ACHT

Es kotzt mich an, in ein und derselben Welt wie er zu leben«, sagte ich. Lester und ich schauten zum Wohnzimmerfenster hinaus, durch ein Geflecht abgestorbener Zweige hinüber zum fernen Fluß und den noch entfernteren Barrikaden. In meinem gesamten Leben hatte ich nicht genug Geld verdient, um in Thatchers Haus nur die Vorhänge bezahlen zu können. »Kurze Zeit, nachdem wir bei ihm angefangen hatten, habe ich Bernard gefragt, ob er Thatcher als schlechten Menschen ansähe«, erzählte ich. »Er gab mir zur Antwort, das wäre das gleiche, als fragte man, was Jazz sei.«

»Vor Rätseln steht man immer früh genug, Joanna«, entgegnete Lester, der eine unerklärliche Heiterkeit an den Tag legte. Thatchers Wochenendvorfreude hatte ihn dermaßen überdreht, daß er uns unvermutet zu seiner diesjährigen Erntedankfeier einlud. Man hatte uns hinchauffiert. Derzeit umfaßte der Drydensche Landsitz ein Grundstück von paar Hundert Morgen östlich des Hudsons. Eine hohe Granitmauer umsäumte jeden Quadratzentimeter. Das Hauptgebäude stammte aus der vorletzten Jahrhundertwende und hatte zwanzig Zimmer. Solange ich Thatcher kannte, hegte er schon den Vorsatz, es abzureißen und statt dessen etwas Gemütlicheres zu bauen. Während ich mir Thatchers Prunk ansah, belauschte ich, weil ich kaum bessere Mittel und Wege wußte, um Licht in diese Welt zu tragen, die Gespräche anderer Anwesender, die von sich glaubten, freimütig miteinander reden zu können.

»Bernard hat mir gesagt, wir bräuchten uns wegen Tokio keine Sorgen zu machen«, flüsterte ein Mann. »Alles ist unter Kontrolle.«

»Siehst du die Visage dieses neuen Leibwächters?« fragte eine Frau. »Der kleinen Wackeltante?«

»Ein Psycho«, sagte ihr Begleiter. »Das sind die besten Typen, weiß ich von Thatcher, die man dafür haben kann.«

Verhuscht trabte ein Kellner vorbei, bot uns auf einem schwerbeladenen Präsentierteller Mini-Oliven und mit Velveta gefüllte Hähnchenleber an; wir lehnten ab. »Kennst du die offizielle Darstellung des Vorfalls schon?« fragte Lester.

»Ist noch in der Mache, nehme ich an«, sagte ich. »Bernard muß die Neuigkeit besser verkraftet haben, als ich es dachte. Ich weiß überhaupt nicht, was sich ereignet hat, nachdem man mich am Dienstag nach Hause geschafft hatte. Gestern saßen sie alle in ihren Büros und ließen niemanden zu sich. Welchen Tests haben die Ärzte dich unterzogen?«

»Ich weiß nicht, ob ich sie bestanden hab«, sagte Lester. »Sie haben mir 'ne Bibel zu lesen gegeben. Vielleicht damit ich die Geschichte endlich richtig kapier.«

»Wahrscheinlich wollen sie«, antwortete ich, »daß du daraus entnimmst, welche Fehler du vermeiden mußt.«

»Weshalb sieht Bernard so griesgrämig aus?«

»Normalerweise verbringen er und Martha das Erntedankfest daheim, schauen sich im Fernsehen die Parade an und essen anschließend zusammen.« Am Morgen hatte die Fa. Macy, die nicht zum Dryden-Konzern gehörte, den Entschluß bekanntgegeben, nach den heutigen Vorfällen die Parade nicht länger zu sponsern; zu viele Opfer hatten Klagen einzureichen angekündigt. »Bernard hat mal zu mir gesagt, er käme am Erntedankfest bloß hier hin, wenn man Thatcher mit einem Apfel im Mund serviert.«

»Braucht Thatcher ihn momentan hier?«

»Vielleicht hat er ihn zur Strafe herzitiert. Bestimmt erfahren wir bald, was Sache ist. Er will irgend etwas von uns gemacht haben, ich ahne es …«

»Von mir gemacht haben«, berichtigte mich Lester. »Warum ist Bernards Frau nicht mitgekommen?«

»Martha mag mit Thatcher nichts mehr zu schaffen haben.



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