Große und kleine Welt by Honoré de Balzac

Große und kleine Welt by Honoré de Balzac

Autor:Honoré de Balzac [Balzac, Honoré de]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Short stories, France -- Fiction
veröffentlicht: 2005-08-31T16:00:00+00:00


Der Requetenmeister blickte den Oberst auf seine Weise an, die ebensoviel Verachtung als Neugierde verriet.

"Nun," fuhr der Oberst fort, "das arme Kind wird ohne Zweifel puenktlich neun Uhr gekommen sein. Vielleicht ist sie die Erste gewesen … Wahrscheinlich wird sie die Graefin von Gondreville in grosse Verlegenheit versetzt haben, da diese nicht zwei Gedanken zusammenreimen kann; verstossen von der Hausfrau, wird sie dann durch jede Neuangekommene von Stuhl zu Stuhl weiter gedraengt worden sein, bis in das helle Dunkel jenes kleinen Winkels, wo sie nun als Opfer ihrer Demut eingeschlossen ist, und als Opfer der Eifersucht jener Damen, deren eifrigstes Bestreben es gewesen ist, eine so gefaehrliche und reizende Gestalt in den Hintergrund zu versetzen. Sie wird keinen Freund gehabt haben, der sie ermutigt haette, den Platz zu verteidigen, den sie dem ersten Plane gemaess eingenommen haben muss, und jede von diesen treulosen Taenzerinnen hat gewiss unter Androhung der schrecklichsten Strafe allen ihren Anhaengern verboten, unsere schoene Freundin aufzufordern. Sieh nur, mein Lieber, diese zaertlichen und offenen Augen haben gewiss eine allgemeine Verschwoerung gegen die Unbekannte veranlasst!… Diese Verschwoerung wird zustande gekommen sein, ohne dass eine einzige dieser Damen ein Woertchen gesagt haette, als: 'Meine Liebe, kennen Sie diese kleine blaue Dame?'—Hoere, Martial, willst Du binnen einer Viertelstunde von mehr schmeichelhaften Blicken beglueckt werden, als Du vielleicht in Deinem ganzen Leben einernten kannst, so tue, als wolltest Du den dreifachen Wall durchdringen, der unsere Andromeda umschliesst…. Du wirst sehen, wie auch die Duemmste von diesen schoenen Goettinnen sofort eine List erfindet, die faehig waere, den Mann einzuhalten, der sich am entschiedensten zeigte, um die klagende Unbekannte in das Licht zu ziehen, denn Du wirst gestehen, dass sie ganz aussieht wie eine Elegie."

"Sie glauben also, Oberst, dass es eine verheiratete Frau ist?"

"Nun, vielleicht ist sie Witwe."

"Dann waere sie nicht so traurig!" sagte der Requetenmeister lachend.

"Vielleicht ist sie Witwe, obgleich ihr Mann noch lebt!" versetzte der

Oberst.



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