Gern hab ich Sie bedient by Rudolf Nährig

Gern hab ich Sie bedient by Rudolf Nährig

Autor:Rudolf Nährig [Nährig, Rudolf]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2015-08-14T00:00:00+00:00


George Gruntz – Ich habe mich keine Sekunde gelangweilt

Mein Herz schlägt nicht nur für die klassische Musik, sondern auch für den Jazz. Zunächst kannte ich nur den traditionellen amerikanischen Jazz, aber inzwischen hat sich mein Jazzhorizont erweitert. 1988 fand auf Kampnagel, dem bekannten Hamburger Veranstaltungsort, die Uraufführung der Jazzoper Cosmopolitan Greetings statt, die der große Schweizer Jazzmusiker George Gruntz zusammen mit Rolf Liebermann, dem damaligen Intendanten der Hamburgischen Staatsoper, nach einem Libretto des berühmte Beat-Dichters Allen Ginsberg komponiert hatte. Das Bühnenbild stammte von Robert Wilson, und Gruntz hatte auch die musikalische Leitung übernommen.

Diese Oper interessierte mich sehr, doch wegen meiner Abenddienste im Vier Jahreszeiten hatte ich nie Gelegenheit, eine Aufführung zu besuchen. Als Cosmopolitan Greetings das vorletzte Mal auf dem Spielplan stand, betraten zufällig Rolf Liebermann und George Gruntz den Grill. Im Gegensatz zu Liebermann, der mit mir nie ein persönliches Wort gewechselt hat, kam Gruntz gleich mit einem freundlichen Lächeln auf mich zu und fragte, sobald er meinen Wiener Dialekt vernahm: 'Sind Sie Österreicher?', worauf ich antwortete: 'Ja, ich komme aus Wien.' – 'Eben', sagte Gruntz. 'Das habe ich gleich gehört, das sind für mich vertraute Töne, habe oft mit Wiener Musikern zusammen gespielt.' Dann fügte er noch hinzu: 'Besonders gern habe ich mit dem berühmten Wiener Saxophonisten Hans Koller gespielt.' Diese kurze Unterhaltung mit mir fand ich sehr mutig von Gruntz, schließlich war er von Liebermann eingeladen, der gewohnt war, dass alle Aufmerksamkeit allein ihm gewidmet war. 'Wir Schweizer sind ja Nachbarn', sagte er noch, um eine wertschätzende Verbindung zwischen uns herzustellen.

Das hat mich sehr beeindruckt. Von diesem Moment an war der Funke übergesprungen. Er fragte, ob ich die Aufführung schon gesehen hätte, was ich verneinte, worauf er mir – ohne dass ich etwa gefragt hätte, so etwas war im Vier Jahreszeiten nicht erlaubt – gleich zwei Karten anbot, die ich, ausnahmsweise! (es war total ausverkauft), mit großer Freude entgegennahm. Eine der Hauptfiguren der Oper, nämlich die amerikanische Blues-Ikone Bessie Smith, deren Leben im Zentrum der Handlung steht, wurde von der heute sehr berühmten US-Jazzsängerin Dee Dee Bridgewater gespielt und gesungen. Neu für mich war auch der europäische Jazz der Gruntz-Kompositionen, der für meine Ohren völlig anders klang als der mir bislang bekannte amerikanische.

Im Laufe der Jahre hatte ich viele Male Gelegenheit, mit Gruntz und seiner Frau Lilly, die ihn oft begleitete, über Musik und anderes zu sprechen. Es ist eine Seltenheit, dass große Künstler wie George Gruntz sich so sehr für die persönlichen Dinge anderer interessieren, selbst wenn sie gar nichts mit ihrem Beruf zu tun haben. Die Menschlichkeit hatte beim Ehepaar Gruntz stets einen sehr hohen Stellenwert.

Als er erfuhr, dass auch ich Musik mache – nämlich meine Liederabende, von denen noch ausführlicher die Rede sein wird –, war er ganz begeistert und legte seine Termine so, dass er beim nächsten Mal dabei sein konnte. Oh, da habe ich mich riesig gefreut! Wenn Künstler unter den Zuschauern sind, ist’s immer ein mulmiges Gefühl, doch bei George Gruntz hatte ich ein sehr gutes; ich spürte sofort, dass er für meine sogenannte Kleinkunst empfänglich war.



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