Gefährten by Michael Morpurgo

Gefährten by Michael Morpurgo

Autor:Michael Morpurgo [Morpurgo, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg
veröffentlicht: 2014-10-04T16:00:00+00:00


Kapitel 12

Vielleicht war es der Gegensatz zu den wenigen friedvollen Monaten, die wir bei Emilie und ihrem Großvater verbracht hatten, der die folgende Zeit für Topthorn und mich so grausam und bitter machte; vielleicht lag es auch einfach daran, dass der Krieg immer schrecklicher wurde. An manchen Frontabschnitten standen die Geschütze kilometerweit dicht nebeneinander, und wenn sie wütend donnerten, dann bebte die Erde unter uns. Die Kolonnen der Verwundeten schienen jetzt kein Ende mehr zu nehmen und noch weit hinter den Gräben war das Land in eine Wüste verwandelt.

Die Arbeit selbst war zwar nicht schwieriger als in der Zeit, da wir den Sanitätskarren gezogen hatten, aber jetzt standen wir nicht mehr jede Nacht im Stall und natürlich konnten wir uns auch nicht länger darauf verlassen, dass Emilie uns versorgte. Der Krieg war nun plötzlich nicht mehr fern. Wir steckten wieder mitten im furchterregenden Lärm und Gestank der Schlacht und zogen unsere Kanone durch den Schlamm, angetrieben und manchmal vorangepeitscht von Männern, die sich wenig um unser Wohlergehen zu kümmern schienen, solange wir die Geschütze dorthin brachten, wo sie hinmussten. Grausame Männer waren es nicht, aber sie waren voller Angst und standen unter einem Zwang, der keinen Platz und keine Zeit für Freundlichkeit oder Rücksichtnahme ließ, weder untereinander noch für uns.

Nahrung war nun knapper. Der Winter kehrte zurück und wir bekamen nur noch gelegentlich unseren Mais und es gab kärgliche Rationen Heu für jeden von uns. Langsam verloren wir beide an Gewicht und Kondition. Gleichzeitig wurden die Schlachten erbitterter und langwieriger und wir arbeiteten nun länger und härter im Geschirr vor der Kanone; ständig waren wir wund und verfroren. Jeden Abend waren wir mit einer Schicht kaltem, tropfendem Schlamm bedeckt, der uns bis auf die frierenden Knochen zu durchdringen schien.

Das Artilleriegespann war eine wahllos zusammengestellte Mischung aus sechs Pferden. Von den vieren, zu denen wir gestoßen waren, hatte nur eines die Größe und Stärke, die ein Artilleriepferd haben sollte. Es war ein Riesentrumm von einem Pferd, das sie Heinie nannten und das bei all dem, was um es her geschah, einigermaßen gelassen blieb. Die anderen Pferde im Gespann versuchten sich ein Beispiel an ihm zu nehmen, aber nur Topthorn gelang das. Heinie und Topthorn waren die Vorderpferde und ich wurde hinter Topthorn neben ein dünnes, drahtiges kleines Pferd geschirrt, das Coco hieß. Er hatte lauter weiße Flecken auf der Stirn, was die Soldaten, an denen wir vorbeikamen, oft lustig fanden. Aber an Coco war nichts Lustiges – er hatte das übelste Temperament von allen Pferden, die ich je davor und danach getroffen habe. Wenn Coco gerade fraß, traute sich niemand, weder Pferd noch Mensch, auf Beiß- oder Tretdistanz an ihn heran. Hinter uns hatten wir ein Paar kleinerer, goldbrauner Ponys mit flachsblonden Mähnen und Schweifen, die gut zueinander passten. Keiner konnte sie unterscheiden, selbst die Soldaten nannten sie nicht einzeln beim Namen, sondern nur »die zwei goldenen Haflinger«. Weil sie hübsch und stets freundlich waren, wurden sie von den Kanonieren viel beachtet und sogar ein wenig geliebt. Sie waren ein ungewöhnlicher



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