Gebrochene Schönheit by Arndt Andreas;Kruck Günter;Zovko Jure

Gebrochene Schönheit by Arndt Andreas;Kruck Günter;Zovko Jure

Autor:Arndt, Andreas;Kruck, Günter;Zovko, Jure
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: De Gruyter (A)
veröffentlicht: 2014-10-23T16:00:00+00:00


Derlei Bestimmungen haben eine unübersehbare Nähe zu Hegels vernichtendem Urteil über die Werke der deutschen Romantiker, die er vor allem in der Auseinandersetzung mit dem Begriff der ‚Ironie‘ angreift. Hegel meint, das, was der Humorist produziere, sei „nur Ironie seiner selbst“246, sein Werk rücke in unmittelbare Nähe der partikularen, abstrakten, ironischen Subjektivität. Indem der Humorist den objektiven Stoff zum Spielball seiner Witze und Einfälle macht, ihn sich nicht objektiv entfalten, sondern subjektiv zerfallen lässt, wird er ironisch.247 Sein Ich ist wie das des ironischen Subjekts ein „Ich, in welchem alles aufgehoben ist“, das „ganz Einfache, in dem aller Unterschied vollkommen negiert ist“248. Der substantielle Gehalt, wahr in sich, wird darin bloß zu einem vom Subjekt gesetzten, das zur Willkür und zum subjektiven Schein degradiert wird. Die Ironie ist das Scheinen durch ein Ich, in dem jedes An- und Fürsichseiende zu etwas Unwahrhaftem abgewertet wird. Dramatisch gemacht findet sich diese Ironie für Hegel in August von Kotzebues Stücken.249

Doch trotz der sehr direkten Kritik von 1826 ist der Humor zugleich der Weg zu einer neuen ästhetischen Wesentlichkeit, den die Ironie niemals findet – beide Formen haben ganz ähnliche Voraussetzungen, aber erst der Humor vollbringt es, mittels des Heiterkeit erzeugenden Komischen eine substantielle Bedeutsamkeit für die moderne Lebenswelt wiederzuerlangen. Annemarie Gethmann-Siefert meint, analog zu Jean Pauls Schlagwort vom Humor als ‚Vollglück in der Beschränkung‘ setze sich das humoristische Individuum „in Beziehung zu seiner Gemeinschaft, und zwar in Beziehung zu der ihm jeweils (mit aller kleinbürgerlichen Enge) vorgegebenen Form von Gemeinschaftlichkeit“250. Wo die Ironie sich im subjektivistischen Standpunkt einhaust, öffnet sich der Humor gerade für das Sittliche im Sinne einer sozialen Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft als Parzelle des Allgemeinen ist zwar nur der eng begrenzte Rahmen einer kleinen Welt des privaten Glücks – das Individuum ist hier also selbstbeschränkend, weil es darum weiß, dass es sich im Ganzen des immer komplexer werdenden Systems moderner Sittlichkeit nicht behaupten kann. Doch durch den Rückzug in den überschaubaren Kreis von intimer Zwischenmenschlichkeit, Familie oder Freundschaft, eröffnet es sich die Option auf eine realisierbare Zufriedenheit, die innerhalb der romantischen Ironie bloß im Modus der melancholischen und oft bereits enttäuschten Sehnsucht erscheinen kann. Im Humor gibt es daher eine Erweiterung der ästhetisch durchdrungenen Lebenssphäre des Protagonisten, bei der ihm vor Augen steht, dass dieser sittliche Teilausschnitt keine Allgemeingültigkeit und das einzelne Subjekt keine Verbindlichkeit besitzt, denn die Heiterkeit ist bedingt durch die besondere Einrichtung der Lebenswelt der singulären Existenz. Somit bleibt die Wesentlichkeit und Bedeutsamkeit dieses Humors selbst in der Rückgewinnung des Gemeinschaftlichen noch der subjektiven Beschränkung verhaftet – und ist deshalb bloß subjektiver Humor. Erst der objektive Humor vollführt es, dem Subjektivismus des Einzelglücks eine tiefere Einheit zu geben. Es ist kein Geheimnis, dass Hegel ihn idealtypisch verkörpert sieht in Goethes West-östlichem Divan. Die näheren Gründe und weitreichenden Dimensionen dieses Aspekts können im Rahmen dieser Untersuchung jedoch nicht ausgeführt werden.

Stattdessen ist ein Rückgriff auf das allgemein Komische angebracht, das bei Hegel immerhin durch sein Gegenstück in das Zentrum der Reflexionen gerät: Nicht bloß in der Philosophie und in der



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