Friesensommer (German Edition) by Janne Mommsen

Friesensommer (German Edition) by Janne Mommsen

Autor:Janne Mommsen [Mommsen, Janne]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783644498518
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2014-06-01T23:00:00+00:00


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15.

ENDE DER SECHZIGER

Trotz der Arbeit an seinem Haus fand Harald täglich Zeit für einen Ausritt mit Fury. Bei Ebbe ging er mit ihr ins Watt, zu den unterschiedlichsten Zeiten, je nach Wasserstand. Er atmete immer laut auf, wenn er über den Sörenswaii auf den Deich ritt und ihm dort der Wind ins Gesicht blies. Die Wolken am Himmel kamen ihm vor wie alte Freunde. Manchmal lachten sie ihm förmlich entgegen, ein anderes Mal begleiteten sie ihn einfach stumm auf seinem Weg. Auch die Geräusche waren jeden Tag anders. Der Wind blies in allen Tönen, rauschend oder pfeifend, mit oder ohne Regen. Einmal war das Marschland totenstill, weil sich kein Lüftchen regte, aber im Watt traf er auf eine Möwenkolonie, in der es so laut durcheinanderkeckerte, dass man sein eigenes Wort nicht mehr verstand. Die Kamera hatte er immer dabei, er fotografierte mehr Filme voll als in einem Monat in San Francisco.

So schön das alles war: Seine Sehnsucht nach Maike vermochte es nicht zu stillen. Jedes Mal hoffte er, auf sie zu treffen. Das Bild, wie sie mit ausgebreiteten Armen auf dem Pferderücken gestanden hatte, bekam er nicht mehr aus dem Kopf. Ihr Gespräch über Föhr, das Pentagon und den Sommer der Liebe war wie ein Film, den er immer wieder abspulte. Er hatte keine gute Figur gemacht, fand er, bestimmt hielt sie ihn für einen Spinner, das würde er gerne richtigstellen. Als sie ihm die Schokoladenbrote zum Trecker gebracht hatte, war sie irgendwie anders gewesen. Oder bildete er sich das nur ein? Die eiserne Wand, die Karen Olufs zwischen ihnen beiden errichtet hatte, ließ ihn verzweifeln. Warum wollte sie unbedingt verhindern, dass Maike ihn traf? Er hatte doch nur mit ihr geredet!

Frustriert ging er zur Weide hinter seinem Haus. Fury kam neugierig angetrabt. Er gab ihr ein paar Äpfel, die sie laut malmend verschlang, und streichelte ihr über die Mähne. Wie gut, dass er sie hatte. Noch während er sie betrachtete, hörte er, wie sich ihm jemand von hinten näherte. Er drehte sich um. Hauke Olufs, Maikes Großvater, war an den Zaun getreten. Er hatte ihn bisher nur zweimal gesehen, einmal in der Küche und einmal im Kuhstall. Nie zuvor waren ihm die großen blauen Augen, die feinen Hände und die fast filigrane Figur des Mannes aufgefallen. Maike kam sehr nach ihm. Man hätte in ihm eher einen Tänzer vermutet als einen Landwirt. Er stand einfach da in seiner dunkelblauen Latzhose und dem weißen Hemd und schwieg.

«Inselkoller?», fragte Hauke nach einer Weile.

«Wieso? Wie kommst du darauf?»

«Du siehst so aus.»

«Ja, kann schon sein.»

«Ist heilbar.»

«Und wie?»

Haukes Stimme blieb leise. «Kurz abhauen, dann geht das schon wieder. Ich muss auch mal raus.»

Beide Männer warfen einen langen Blick Richtung Deich, hinter dem die Dünen der Insel Sylt zu sehen waren.

«Wie ist es da drüben?», fragte Harald. Nach Imkes Erzählungen war er neugierig geworden.

«Speziell.»

«Will sagen?»

«Am Strand laufen da nackte Reiche rum.»

Harald lachte. «Das höre ich jetzt schon das zweite Mal. Sylt soll wilder sein als San Francisco? Du willst mich auf den Arm nehmen.»

«Dat is so!»

Falls es wirklich stimmte, war das eine Weltsensation.



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