Freilaufende Maenner by Gernot Gricksch

Freilaufende Maenner by Gernot Gricksch

Autor:Gernot Gricksch [Gricksch, Gernot]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
ISBN: 9783426510049
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


13. Kapitel

Du bist ja total betrunken!«, stellt Karin scharfsinnig fest, als Jens ihr schwankend gegenübersteht und ihren Namen immer wieder murmelt, als wäre er ein rätselhaftes Mantra.

»Karin? Karin? Karin?«, wundert er sich in einer Art verbalen Endlosschleife, während seine glasigen Augen die Frau, die aller Logik nach einfach nicht nach Schweden gehört, anstarren.

Bevor er das runde Karin?-Dutzend voll machen kann, unterbreche ich ihn. Ich reiche der unerwarteten Besucherin die Hand und stelle mich vor. Karin schüttelt erst meine Pfote und dann ungläubig den Kopf.

»So viel trinkt er zu Hause nie«, sagte sie.

»Andere Länder, andere Sitten«, wirft Malte aus dem Hintergrund ein.

»Karin?«, wundert sich Jens noch einmal.

»Wie wär’s, wenn wir alle mal reingehen«, schlägt Malte vor.

»Dasne guteIdee«, lallt Jens. »Ichwürd ziemlich gernehinsitzen.«

Mit Unterstützung von Karin schafft unser volltrunkener Freund die Stufen zur Eingangstür hoch. Ich schließe auf. Nachdem wir uns und Jens die Schuhe ausgezogen haben, begeben wir uns ins Wohnzimmer. Dort lassen sich die anderen auf der Sitzgarnitur nieder. Nur ich bleibe stehen und verschwinde dann mit einem »Ich mach mal einen Kaffee!« in den Schutz der Küchenzeile.

Während ich das extra starke Gesöff aufbrühe, lausche ich dem Gespräch im Wohnzimmer.

»Bissu wegen mir hier?«

»Nein, wegen der schönen Landschaft«, sagt Karin. »Natürlich bin ich wegen dir hier!«

»Aber …«, ächzt Jens.

»Ich konnte nicht mehr warten! Ich will bei dir sein.« Karins Stimme wird lauter und energischer. Wie ein Presslufthammer pflastert sie die Luft mit ihren Worten. »Ich will, dass du Nägel mit Köpfen machst. Die Dinge müssen geklärt werden!« Vier kurze Sätze, die vor Nachdruck fast bersten und keinen Widerspruch zulassen.

Jens sieht aus, als würde sein Kopf jeden Moment explodieren. Und in diesem Moment, als Karins strenge Stimme die ersten Anzeichen von Disziplin, Vernunft und Reife in unseren Urlaub bringt, weiß ich, dass ab sofort Schluss mit lustig ist. Am liebsten würde ich sofort meine Sachen packen und verduften. Es gibt keinen Zweifel: Die Ferien, die wir geplant haben, sind vorbei. Wir werden von einer Naturgewalt heimgesucht, die erbarmungsloser, konsequenter, furchterregender und unaufhaltsamer ist als ein Tsunami, ein Vulkanausbruch oder ein Orkan. Wir stehen plötzlich der Naturgewalt Frau gegenüber.

Jens tut, was jeder aufrecht betrunkene Mann in dieser Situation macht: Er rollt mit den Augen, lässt den Kopf nach hinten fallen und flüchtet sich ins Koma. Wie ein Narkoleptiker sackt er von einer Sekunde auf die andere weg und fängt an zu schnarchen.

»Wir sollten ihn ins Bett legen«, beschließt Karin. »Wo ist sein Zimmer?«

Malte erhebt sich nicht einmal vom Sofa, als er bloß mit dem Finger in Richtung Flur zeigt und sagt: »Letzte Tür links.«

Ich komme aus meinem Küchen-Schützengraben hervor und helfe Karin, den bleischweren Jens hochzuhieven und in sein Zimmer zu befördern. Nachdem er bekleidet auf dem Bett liegt, ziehe ich mich diskret zurück.

»Na super!«, motzt Malte, als ich ins Wohnzimmer zurückkomme. »Das hat uns ja gerade noch gefehlt!« Er erhebt sich und zieht im Flur seine Schuhe wieder an.

»Wo gehst du denn hin?«

»Zum Auto, den Bölkstoff holen. Ich brauch jetzt was zu trinken!«

Während Malte die Schnaps- und Bierkisten aus dem Auto ins Haus schafft, kommt Karin zurück ins Wohnzimmer.



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