Franzosenliebchen by Jan Zweyer

Franzosenliebchen by Jan Zweyer

Autor:Jan Zweyer [Jan Zweyer]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
Tags: Krimi-Thriller, Historisch, Deutschland
Herausgeber: eBookCreatorNet
veröffentlicht: 2010-01-01T14:00:01+00:00


31

Sonntag, 25. Februar 1923

Lange hatte Goldstein überlegt, wie er sich Martha gegenüber verhalten sollte. Als er am späten Sonntagnachmittag wieder in die Teutoburgia-Siedlung zurückgekehrt war, hatte er einen Entschluss gefasst. Doch Martha Schultenhoff war nicht zu Hause. Goldstein legte ein Kohlenbrikett nach, damit der Ofen nicht ausging, und wartete in der Küche.

Erst zwei Stunden später drehte sich der Schlüssel in der Haustür. Goldstein sprang auf und lief ihr entgegen. »Ich möchte mit dir reden«, begann er seine Beichte.

»Sicher nicht, bevor ich den Mantel ausgezogen habe«, erwiderte sie. »Wie wäre es, wenn du heißes Wasser aufsetzt, während ich die Wintersachen ausziehe? Ich habe mich heute für meine Schneiderarbeit mit Kaffee bezahlen lassen. Eine Tasse wird uns guttun.«

Kurz darauf saßen sie beide am Küchentisch, jeder einen dampfenden Becher süßen Kaffees vor sich.

Martha Schultenhoff schaute ihren Gast aufmerksam an. »Also, worüber wolltest du mit mir sprechen?«

Goldstein atmete tief ein. »Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt.«

»Inwiefern?«

»Ich bin kein Handelsvertreter für Schrauben, sondern Polizist.«

Sie schien nicht besonders überrascht. »Und du kommst aus Berlin und wirst morgen wieder dorthin zurückkehren.«

»Ja. Aber woher …?«

»Ewald hat es mir eben erzählt. Wir waren verabredet. Er war sich nicht sicher, ob du dich von mir verabschieden würdest, und befürchtete, dass du dich ohne ein Wort aus dem Haus schleichen könntest.«

»Er hat dir verraten, dass ich Polizeibeamter bin?«

»Nein. Er hat von einem wichtigen Auftrag gesprochen, den du dringend in Berlin zu erledigen hättest und der keinen Aufschub zuließe. Er wollte mich einfach nur schonend darauf vorbereiten, dass du einfach so verschwinden könntest. Aber da du nun hier mit mir am Tisch sitzt, hat sich Ewald geirrt. Schön.«

»Hat er dir gesagt, warum ich hier in Herne bin?«

»Nein, das hat er nicht. Und es ist mir eigentlich auch egal. Du musst mir nichts erzählen, was du nicht willst.«

»Ich möchte es aber.«

Sie nahm einen Schluck Kaffee und wartete.

»Meine Berliner Vorgesetzten haben mich beauftragt, den Mord an Agnes Treppmann aufzuklären. Ich soll Beweise dafür finden, dass sie von den Franzosen ermordet worden ist.«

Martha hob die Augenbrauen. »Und deine Arbeit ist beendet?«

»Ja. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich die Täterschaft der beiden Franzosen, die vom Kriegsgericht freigesprochen wurden, nun belegen kann.«

Martha Schultenhoff wurde blass. Für lange Sekunden sagte sie kein Wort. Dann vergewisserte sie sich: »Ziemlich sicher?«

»Na ja, ich habe leider keinen Zeugen oder hundertprozentige Beweise. Es gibt aber viele Indizien …«

»Du glaubst also, Julian ist schuldig?«

»Julian? Ja. Aber wie kommt es, dass du den Franzosen …?«

Martha sprang auf. Mit den Worten: »Warte hier, ich bin sofort zurück«, stürmte sie aus der Küche und dann auch aus dem Haus.

Verblüfft blieb Goldstein zurück. Er stürzte ebenfalls zur Tür, doch die Dunkelheit hatte Martha bereits verschluckt. Die Kälte sprang ihn an wie ein wildes Tier. Bibbernd und kopfschüttelnd kehrte Goldstein ins Warme zurück, schloss die Eingangstür hinter sich und setzte sich wieder an den Küchentisch.

Er musste nicht lange auf Marthas Rückkehr warten. Sie lief die Treppe zum Obergeschoss hinauf. Goldstein hörte an den Tritten, dass sie sich in ihrem Schlafzimmer befand. Kurz darauf betrat Martha wieder die Küche, einen Briefumschlag in der zitternden Hand.



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