Fliegender Wechsel by Christa Ludwig

Fliegender Wechsel by Christa Ludwig

Autor:Christa Ludwig [Ludwig, Christa]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Freies Geistesleben
veröffentlicht: 2014-10-04T22:00:00+00:00


Satteldruck

Am Abend aber, als Jana mit Alberta reden wollte, war nur noch Felix da. Sie hatten Stallwache, sie mussten – und wollten! – über Nacht bleiben. Das durfte Theres nicht. Alberta erst recht nicht. Jana musste sich ganz fürchterlich zusammennehmen.

Nichts Felix sagen! Kein Wort! Warum eigentlich nicht? Sie war wütend auf Andreas. Felix lag doch am meisten daran, dass der Mr. Meister Dolly nicht kaufte. Felix hätte sie doch alles erzählen können. Jana sagte immer alles. Das war sie so gewohnt. Sogar das Unglück mit Sham hatte sie zu Hause erzählt. Und jetzt nichts Felix sagen.

Sie rief Andreas an.

«Ist dir was eingefallen?», fragte sie.

«Nein.»

«Mir auch nicht. Lass mich doch mit Felix reden.»

«Nein!»

«Warum nicht? Er wäre doch der Letzte, der was ausquatschen würde.»

«Stimmt. Aber ich traue ihm zu, dass er die Situation ganz ausreizt und versucht, Bettina unter Druck zu setzen. Und das muss schiefgehen.»

«Wie soll er Bettina unter Druck setzen?»

«Ihr sagen, dass er es weiß, und sie zwingen, dass sie einen Unfall fingiert oder was.»

«Gute Idee, das kann ich auch machen.»

«Jana! Du – du wir müssen damit aufhören, uns gegenseitig zu bedrohen. Wir müssen zusammenhalten.»

«Und du meinst, wenn der Typ Dolly nicht in allen Prüfungen sieht, kauft er sie nicht? Sie muss alle Prüfungen gewinnen? Auch das Jugendspringen?» Jana witterte eine Chance.

«Der kauft keine Katze im Sack. Ein Vielseitigkeitspferd auf dem Niveau muss auf allen Gebieten perfekt sein. Und der sieht auch in einem Jugendspringen mehr als einen netten Jungen auf einem hübschen Pferd.»

«Betty O’Brian braucht doch kein Pferd für ein Jugendspringen!»

«Nein, aber das ist wichtig für die Beurteilung von Dolly. Eben weil Felix doch noch nicht so gut reiten kann. Ein Mr. Meister kauft nur ein Pferd, das auch selber über seinen Absprung entscheiden kann. Wenn Felix gar nichts macht, sieht der das am besten.»

«Andreas, ich muss ihn warnen!»

«Nein!!»

Andreas gab nicht nach, und Jana musste mit ihrem Geheimnis einschlafen.

Noch eine schlaflose Nacht nach dem Chaos der beiden letzten? Das war nichts für Jana. Sie rollte sich mit ihrem Schlafsack im Heu zusammen und war weg. Aber mitten in der Nacht wachte sie auf, schreckte hoch, sah Felix in seinem Schlafsack sitzen, sie schauten sich an, der Mond war nicht mehr so voll wie vor zwei Tagen in der Nacht des leeren Marmeladenglases, aber es war hell genug, dass jeder von ihnen die Angst in den Augen des anderen sehen konnte.

«Was denkst du?», flüsterte sie.

«Ich muss schlafen», sagte er leise. «Ich muss reiten am Sonntag, ich will das Springen ja nicht gewinnen, eben nicht, aber ich muss fit sein, ich muss gut sein, ich darf ihr nicht nach dem Sprung in den Rücken plumpsen – auf das Vorderbein. Ich weiß doch, dass es verletzt ist.»

Jana nickte: «Wir müssen schlafen …»

Und sie dachte: Wenn er wüsste, wenn ich ihm doch nur sagen könnte, was wirklich auf Dolly zukommt …

Sie legte sich wieder hin, schlief aber den Rest der Nacht schlecht. Sie träumte, sie hätte eine Schraube im Schlafsack, und als sie am Morgen aufwachte, fühlte ihr Rücken sich an, als hätte sie einen Satteldruck.



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