First Ladys by Armin Strohmeyr

First Ladys by Armin Strohmeyr

Autor:Armin Strohmeyr [Strohmeyr, Armin]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Styria Premium Verlag
veröffentlicht: 2013-11-25T23:00:00+00:00


Christina Rau

* * *

* 1956

Johannes Rau galt über Jahrzehnte als eingefleischter Junggeselle. Fragen nach Beziehungen zu Frauen konterte er mit der flapsigen Bemerkung: »Man kann auch im Stillen Gutes tun.«1 Im bisweilen etwas groben Politjargon an Rhein und Ruhr, Raus Heimat, konnte die Frotzelei eines Freundes auch schon mal so klingen: »Wahrscheinlich findest du eine Diakonisse aus Kaiserswerth, die dich noch heiratet.«2 Insofern wunderte sich jeder in seinem Umfeld, als der als Skatspieler bekannte und geschätzte Johannes Rau, seit 1978 Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Anfang 1981 ein vierundzwanzigjähriges »Fräulein Christina Delius« zum Skatabend in die Wuppertaler Gastwirtschaft »Karpathen« mitbrachte. Einer der Mitspieler meinte anerkennend: »Die ist nicht zu bremsen, kloppt den Skat inzwischen fast wie ein Alter und kann kaum genug bekommen.«3 Fast ein Vierteljahrhundert später betonte die »Skatklopperin«, inzwischen Frau Christina Rau, selbstbewusst in einem Interview: »Ich behaupte nach wie vor, erfolgreicher zu spielen. Ich reize überlegter – das ist das Geheimnis!«4

Obwohl die junge Frau nicht nur beim Kartenspiel reizen konnte, nahm man sie in der Öffentlichkeit zunächst nicht recht wahr. An seinem fünfzigsten Geburtstag, am 16. Januar 1981, erlaubte sich der Junggeselle Johannes Rau den Scherz: »Wie, du willst schon gehen, wir wollten uns doch noch verloben.«5 Der eigentliche Antrag folgte wenig später. Am 9. August 1982 wurde die standesamtliche Trauung in London, dem damaligen Wohnort von Christina Delius, in der Westminster City Hall vollzogen, in Anwesenheit der Eltern Eduard und Christa Delius, die auch Trauzeugen waren. Die kirchliche Trauung folgte am 22. August 1982, unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der Presse, nur im allerkleinsten Kreis. Geeignet erschien hierfür die Urlaubsinsel Spiekeroog, wo die Eltern der Braut ein Ferienhaus besaßen. Es war ein Sonntagmorgen. Es regnete in Strömen. In der kleinen Inselkirche versammelten sich Inselbewohner und Feriengäste zum Gottesdienst mit dem Kurpastor Berend Rauterberg. Am Ende des Gottesdienstes bat er das Brautpaar und die kleine Gesellschaft aus engsten Anverwandten zu den vorderen Plätzen. Einige der Gäste erkannten den Politiker und tuschelten: »Das ist doch der Rau.«6

Im normalen Gottesdienst sollte die kirchliche Hochzeit sein. Die Braut trug ein schlichtes, geschmackvolles, knielanges weißes Kleid, in den Händen hielt sie einen Strauß von blassroten Rosen und Männertreu, der zuvor in einem Garten auf der Insel gepflückt worden war.7 Der Bräutigam trug einen graublauen Straßenanzug. Die Zeremonie stellte der Pfarrer unter die Losung aus dem Epheser-Brief: »Die Liebe sei die Wurzel und das Fundament eures Lebens.« Die Anwesenden wussten zu berichten, beim Jawort des Brautpaars seien die Wolken aufgerissen und die Sonne habe ins Kircheninnere geschienen. Schließlich intonierte der Kirchenchor noch den Choral »Du, meine Seele, singe« nach Worten des evangelischen Dichters Paul Gerhardt. Ein Foto zeigt das Brautpaar vor der Kirche, mit anderen Gottesdienstteilnehmern. Einem Zeitungsbericht zufolge soll einer der anwesenden Urlauber angemerkt haben: »Datt find ich goldrichtig, datt der Rau alles ohne Publicity gemacht hat.«8

Johannes Rau selbst erinnerte sich später, dass er sich nochmals verabschiedet habe, um von der Sakristei aus per Telefon die wichtigsten Par­teifreunde über seine Heirat zu informieren. Das war gegenüber der Braut nicht eben charmant, zumal nicht alle Gesprächspartner sich kurz fassten.



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