Feuernacht by Yrsa Sigurdardóttir

Feuernacht by Yrsa Sigurdardóttir

Autor:Yrsa Sigurdardóttir [Sigurdardóttir, Yrsa]
Die sprache: de
Format: mobi
ISBN: 9783104007892
Herausgeber: Fischer e-books
veröffentlicht: 2011-09-29T22:00:00+00:00


19. KAPITEL

DONNERSTAG,

14. JANUAR 2010

In der Anstalt für psychisch kranke Straftäter hatte sich seit Dóras letztem Besuch nicht viel verändert, die einsame Schubkarre stand am selben Platz in der Auffahrt, und dieselben Holzkisten stapelten sich an der Hauswand. Alles wirkte so, als sei der Ort in einen tiefen Schlaf gesunken, als sich die Tür vor ein paar Tagen hinter Dóra geschlossen hatte, und wenige Minuten, bevor sie klingelte, wieder zum Leben erwacht. Alle trugen dieselbe Kleidung, und sogar die Schuhe schienen noch an derselben Stelle im Flur zu stehen. »Ganz schön kalt heute«, sagte Dóra und reichte der Frau, die ihr die Tür geöffnet hatte, ihren Anorak. Etwas Schlaueres fiel ihr nicht ein, sie konnte die Frau ja schlecht fragen, ob sie seit ihrem letzten Besuch im Flur auf sie gewartet hätte.

»Hm.« Die Frau legte den Anorak über ihren Arm und bat Dóra herein. »Willst du zu Jósteinn? Er hat einen Termin mit einer Anwältin.«

»Ja, genau.« Dóra spähte auf ihre Schuhe, die von dem Schneematsch auf dem Parkplatz ganz nass waren, und suchte nach einer vernünftigen Fußmatte. »Einer ihrer Kollegen hat mich heute Morgen angerufen und gesagt, dass er mich sprechen will. Mehr weiß ich auch nicht.« Dóra hätte dieses Treffen am liebsten unter dem Vorwand, furchtbar viel zu tun zu haben, abgelehnt, brachte es aber nicht über sich. Schließlich bezahlte der Mann die Rechnungen für Jakobs Fall, also musste sie ihm wenigstens ein Mindestmaß an Höflichkeit entgegenbringen.

»Geh doch schon mal ins Wohnzimmer, dann hole ich ihn, du kennst dich ja schon aus.« Dóra nickte, ohne weitere Versuche zu unternehmen, ihre Schuhe zu säubern. Stattdessen zog sie sie einfach aus, während die Frau weitersprach. »Er wird sich ja wohl hoffentlich von der Werkstatt losreißen können.«

»Ist er oft dort?« Dóra hatte nichts dagegen, ein bisschen mit der Frau zu plaudern und das Treffen mit Jósteinn hinauszuzögern. Sie hatte zwar nicht direkt Angst vor dem Mann, aber sie freute sich auch nicht auf ihn.

»Ja, er scheint sich zwischen diesen defekten Computern wohl zu fühlen und repariert sie sogar mit großem Erfolg. Wir können schon nicht mehr zählen, wie viele Computer er aus einem Haufen Schrott zusammengebastelt hat. Die werden alle in die dritte Welt geschickt.«

»Es macht ihm also Spaß, etwas Gutes zu tun?« Vielleicht sollte Dóra ihre Meinung über Jósteinn revidieren. Er war Jakob wohlgestimmt und nun das. Vielleicht hatte dieser kranke, gebrochene Mann eine gute Seele.

Die Frau lächelte mitleidig. »Nein, das kann man nicht unbedingt sagen. Die dritte Welt ist ihm vollkommen egal. Er ist nur von Computern fasziniert, er sagt, sie wären vollkommen und könnten keine Fehler machen. Es macht ihm Spaß, sie wieder zum Leben zu erwecken. Jósteinn hat mir mal gesagt, der Vorteil an Computern wäre, dass sie keine Augen und kein Urteilsvermögen hätten und deshalb seine hässliche Erscheinung und sein noch hässlicheres Inneres nicht wahrnehmen könnten. Er ist ein sehr kranker Mann, aber die Welt der Computer scheint ihm die Sicherheit zu geben, die er braucht, wie wir alle.«

Dóra wusste nicht, was sie noch sagen sollte, und nickte nur.



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