Feindbild Russland by Hannes Hofbauer

Feindbild Russland by Hannes Hofbauer

Autor:Hannes Hofbauer [Hofbauer, Hannes]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Promedia Verlag
veröffentlicht: 2017-04-19T16:00:00+00:00


Moskau ist gewarnt

Die »Soft Power«, mit der westliche Regierungen und von diesen unterstützte Nichtregierungsorganisationen politisch überall dort intervenieren, wo dem Washingtoner oder Brüsseler liberalen Demokratiemodell nicht ausreichend gefolgt wird, hat spätestens seit Mitte der 2000er Jahre auch Russland ins Fadenkreuz genommen. Wiewohl mäßig erfolgreich, bewertet sie der Kreml offensichtlich dennoch als Gefahr für die innere Stabilität.

Ein erstes Gesetz, um die Tätigkeiten ausländischer NGOs besser kontrollieren zu können, passierte bereits im März 2005 die Duma. Im Juli 2012 beschloss dann das russische Parlament mit nur drei Gegenstimmen noch eine Verschärfung dieses Gesetzes, das ausländische Organisationen, die politisch in Russland entweder direkt oder qua Unterstützung lokaler Gruppen tätig sind, zur Offenlegung von Geldflüssen zwingen. Die einzelnen NGOs müssen seit damals ihre Geldgeber und die Höhe der Zuwendungen zu nennen. Der Staat behält sich eine rigide Kontrolle der Finanzierungsströme vor; im Nichteinhaltungsfall drohen Geld- und Haftstrafen. Im Juli 2015 prüfte dann die Moskauer Generalstaatsanwaltschaft die sogenannte »Patriotische Stopp-Liste«. Auf diese setzte die Duma zwölf ausländisch finanzierte NGOs, die »unpatriotischer« antirussischer Aktivitäten verdächtigt wurden. Darunter befanden sich das National Endowment for Democracy, Freedom House, die MacArthur Foundation und das International Republican Institute.373 Vier Monate später wurde ein gerichtlicher Bann über die erste dieser zwölf Organisationen verhängt. Die Generalstaatsanwaltschaft bezeichnete die Open Society Foundation des ungarisch-stämmigen Spekulanten George Soros Ende November 2015 als »unerwünschte Gruppe«. Sie darf in Russland nicht mehr tätig sein.374

Die Empörung über dieses Vorgehen in EU-Europa und US-Amerika wirkt gekünstelt. Denn einerseits ist seit mehreren Jahren die finanzielle und logistische Interventionskraft ausländischer Stiftungen in Osteuropa, Asien und Afrika für regierungskritische, farbrevolutionäre Oppositionsbewegungen offenkundig. So werden z. B. im Jahresbericht 2011 des National Endowment for Democracy (NED) Höhe und Adressaten von Unterstützungsgeldern beispielsweise für osteuropäische Oppositionelle penibel aufgelistet. Der finanzielle Schwerpunkt lag in diesem Jahr, wenig erstaunlich, auf Belarus, wo für Organisationen wie »Freedom of Information« (1,23 Mio. US-Dollar) oder »Civil Society« (310.000 US-Dollar) und andere insgesamt 3,5 Mio. US-Dollar bereitgestellt wurden.375 Im Jahr 2014 widmete sich die amerikanische Stiftung NED der Ukraine. Aus dem Jahresbericht geht hervor, dass in diesem »dynamischen und tumultreichen Jahr«, wie die Stiftung die blutigen Ereignisse in Kiew nobel umschreibt, 82 ukrainische Gruppen mit insgesamt 4,5 Mio. US-Dollar versorgt wurden.376 Die allermeisten von ihnen erhielten Zuwendungen zwischen 20.000 und 40.000 US-Dollar wie die Gruppe »Demokratische Ideen und Werte« für »Betreuung der Webseite« und das »Organisieren von Runden Tischen« oder das »Odessa-Komitee für Wahlbeobachtung« für Seminare und Druckkosten usw. usf. Eine Initiative sticht allerdings heraus, was die Höhe der amerikanischen Zuwendung betrifft. Das »Zentrum für internationale Privatwirtschaft« bekam in zwei Tranchen 608 Mio. US-Dollar. Dort, wo es um das handfeste Umsetzen in liberaler Demokratie geschulter Kräfte geht, sitzt der Geldbeutel offensichtlich lockerer.

Moskau war also vor ausländischen Umtrieben gewarnt. Und es ist nicht das erste Land, das sich in jüngster Zeit gegen die zivilgesellschaftlichen Interventionen westlicher Stiftungen zur Wehr setzt. Bereits im Dezember 2010 hat Venezuela die Schließung des NED-Büros in Caracas veranlasst; und im Dezember 2011 kam es in Kairo zur Durchsuchung von fünf Stiftungen – darunter die Konrad-Adenauer-Stiftung



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