Entdecke den Schatz in deinem Herzen by Thich Nhat Hanh
Autor:Thich Nhat Hanh [Hanh, Thich Nhat]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-08-08T16:00:00+00:00
Eines Tages hielt sich der Buddha in einer Höhle auf, weil es dort angenehm kühl war. Ananda, sein Begleiter, übte in der Nähe der Höhle Gehmeditation. Damit der Buddha nicht den ganzen Tag lang Gäste empfangen musste, war Ananda bestrebt, die vielen Leute abzufangen, die tagtäglich herkamen, um den Buddha zu besuchen. Bei seiner Gehmeditation sah Ananda in der Ferne auf einmal eine Gestalt. Als sie näher kam, erkannte Ananda Mara.
Mara hatte den Buddha in der Nacht vor seiner Erleuchtung zu verführen versucht. Mara hatte dem Buddha erzählt, aus ihm könne ein Mann mit großer Macht werden – ein Politiker, ein König, ein Präsident, ein Minister oder ein erfolgreicher Geschäftsmann mit viel Geld und schönen Frauen – wenn er nur seine Achtsamkeitspraxis aufgäbe. Mara hatte wirklich alles versucht, den Buddha zu überzeugen, aber es hatte nicht funktioniert.
Ananda fühlte sich beim Anblick Maras sehr unwohl, doch da Mara ihn bereits gesehen hatte, konnte er sich nicht mehr verstecken. Sie grüßten einander. Mara sagte: »Ich möchte den Buddha sehen.« Wenn die Vorstandsvorsitzende einer großen Firma jemanden nicht empfangen möchte, trägt sie ihrer Sekretärin auf zu sagen: »Es tut mir leid. Sie ist in einer Konferenz.« Auch Ananda hätte gern etwas Ähnliches gesagt, doch wusste er, dass das eine Lüge gewesen wäre, und er wollte sich doch in der vierten Richtlinie, nicht zu lügen, üben. So entschloss er sich, Mara das zu sagen, was er auf dem Herzen hatte.
»Mara, warum sollte der Buddha dich treffen? Welchen Sinn hätte das? Erinnerst du dich nicht mehr, dass der Buddha dich unter dem Bodhibaum besiegt hat? Wie kannst du es aushalten, ihn wiederzusehen? Schämst du dich nicht? Warum sollte er dich überhaupt sehen wollen? Du bist schließlich sein Feind!«
Mara ließ sich durch Anandas Worte nicht entmutigen. Er hörte dem jungen Mönch lächelnd zu. Als Ananda zu Ende gesprochen hatte, lachte Mara und fragte: »Hat dein Lehrer wirklich gesagt, er habe Feinde?«
Ananda fühlte sich nun noch unbehaglicher. Es erschien ihm nicht richtig zu sagen, der Buddha habe Feinde, aber er hatte es so ausgesprochen! Der Buddha hatte nie gesagt, dass er Feinde habe. Wenn du nicht Achtsamkeit und Konzentration übst, sagst du vielleicht manchmal Dinge, die gar nicht stimmen, obwohl du es besser weißt. Ananda war verwirrt. Er ging in die Höhle hinein, um dem Buddha Mara anzukündigen, und hoffte sehr, sein Lehrer werde ihm sagen: »Teile ihm mit, dass ich nicht zu Hause bin!« oder »Sag ihm, ich bin in einer Konferenz! «
Zu Anandas Überraschung jedoch lächelte der Buddha und sagte: »Mara! Wie wundervoll! Bitte ihn herein!« Diese Antwort des Buddha verblüffte Ananda. Doch er tat, was der Buddha ihm aufgetragen hatte, und bat Mara einzutreten. Und weißt du, was der Buddha tat? Er umarmte Mara! Das konnte Ananda nun überhaupt nicht verstehen. Dann lud der Buddha Mara ein, sich den besten Platz in der Höhle auszusuchen, um sich dort niederzulassen, und zu seinem geliebten Schüler gewandt sagte er: »Ananda, würdest du bitte für uns Kräutertee machen?«
Wie du dir sicher vorstellen kannst, war Ananda darüber alles andere als erfreut.
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