Einigkeit und Recht und Freiheit? by Frankfurter Allgemeine Archiv

Einigkeit und Recht und Freiheit? by Frankfurter Allgemeine Archiv

Autor:Frankfurter Allgemeine Archiv
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Frankfurter Allgemeine Zeitung Verlag
veröffentlicht: 2015-09-23T00:00:00+00:00


Eine Bodenreform, die keine war

Im Einigungsvertrag ist kommunistische Ideologie übernommen worden

Von Friedrich Karl Fromme

Bestandteil des Einigungsvertrages zwischen der Bundesrepublik und der damaligen DDR ist nach Artikel 41 die 'Gemeinsame Erklärung' der beiden Regierungen vom 15. Juni. Dort steht, dass 'Enteignungen auf besatzungsrechtlicher Grundlage' in den Jahren 1945 bis zur Gründung der DDR im Oktober 1949 nicht rückgängig gemacht werden. Das bezieht sich vor allein auf die sogenannte 'Bodenreform', weiter auf die Enteignung der Betriebe der 'Nazi-und Kriegsverbrecher', die von einem Volksentscheid (nur in Sachsen) für die ganze Sowjetzone 'legitimiert' wurde. Der Volksentscheid war am 30. Juni 1946; immerhin gab es 16 Prozent Nein- und 6 Prozent ungültige Stimmen – obwohl damals schon die Angst umging, die Abstimmung sei nicht wirklich geheim.

Mit der 'Bodenreform' wurden alle landwirtschaftlichen Betriebe, die über mehr als 100 Hektar verfügten, zur Gänze enteignet. Diese 'Bodenreform' verdient die bis heute üblich gebliebene Bezeichnung – ein nachwirkend gelungener Trick der alten DDR – nicht, weil sie die persönliche Habe des Grundbesitzers und seine Vertreibung aus Haus und Heimat umfasste. Viele Grundbesitzer wurden in Lager gesperrt, nicht wenige kamen dort ums Leben. Ihre Vertreibung vollzog sich unter Umständen, die dein Grundsatz der Menschenwürde (welcher die 'staatliche Gewalt' nicht erst seit der Schaffung des Grundgesetzes im Mai 1949 bestimmen soll) aufs gröbste missachtete.

Seriöse Bodenreformpläne konzentrierten sich darauf, notleidende Güter unter Entschädigung des Eigentümers in lebensfähige Bauernstellen umzuwandeln; dabei war der oberste Grundsatz, dass dein Eigentümer nach Wunsch ein angemessener Anteil zu belassen war. Bei den Maßnahmen des Sommers und Herbstes 1945 in der sowjetischen Besatzungszone wurde dein, der mehr als 100 Hektar hatte, alles bis auf den letzten Quadratmeter weggenommen. Die sogenannte Bodenreform in der sowjetischen Besatzungszone wurde nur am Rande ökonomisch begründet. Im Zentrum stand (so als Beispiel Artikel 1 der Verordnung der Provinz Sachsen vom 3. September 1945), dass die Bodenreform 'der Herrschaft der Junker und Großgrundbesitzer im Dorfe' ein Ende bereiten solle, 'weil diese Herrschaft immer eine Bastion der Reaktion und des Faschismus in unserem Lande darstellte und eine der Hauptquellen der Aggression und der Eroberungskriege gegen andere Völker war'.

Selbst wenn man die Theorie von der Geschichte als einer Abfolge der Klassen-Herrschaften akzeptiert, stimmt hier so gut wie nichts. Die 'Junker' waren 1945 nicht mehr eine 'Klasse' im Sinne der Machtausübung. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts kam es immer häufiger vor, dass sich zu Geld gekommene Bürgerliche Rittergüter kauften, um sich damit zu schmücken, vielleicht dein Namen eines Tages den Gutsnamen hinzufügen zu können, wie es Carl Sternheim in seinem Schauspiel 'Der Snob' in der Figur des zum 'Freiherrn Maske von Buckow' aufgestiegenen Sohnes eines kleinen Beamten geschildert hat. In der Begründung der Verordnung Sachsen-Anhalts – die Verordnungen der Provinz Brandenburg und der – damals schon – Länder Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen unterscheiden sich da nur in einzelnen Worten – fällt auf, dass den 'Junkern' die wiederkehrende Verantwortung für 'Faschismus' zugeschoben wurde; selbst wenn man die verkehrte Benennung des Nationalsozialismus akzeptiert, hat es ihn nur einmal in Deutschland gegeben.



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