Ein Kampf um Rom by Felix Dahn

Ein Kampf um Rom by Felix Dahn

Autor:Felix Dahn [Dahn, Felix]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Historischer Roman
Herausgeber: DTV Deutscher Taschenbuch Verlag
veröffentlicht: 2012-02-24T08:36:07+00:00


Neuntes Kapitel

Trotz alledem, sagten die Römer, hätten längst die Goten die Mauern erstiegen, wäre nicht des Präfecten Egeria gewesen. Denn es war merkwürdig: sooft die Barbaren einen Sturm vorbereiteten –: Cethegus ging zu Belisar und warnte und bezeichnete im voraus den Tag. Sooft Teja oder Hildebad in kühnem Handstreich ein Tor zu überrumpeln, eine Schanze wegzunehmen gedachten:– Cethegus sagte es vorher, und die Angreifer stießen auf das Zweifache der gewöhnlichen Besatzung der Punkte. Sooft in nächtigem Überfall die Kette des Tibers gesprengt werden sollte:– Cethegus schien es geahnt zu haben und schickte den Schiffen der Feinde Brander und Feuerkähne entgegen.

So ging es viele Monate hin. Die Goten konnten sich nicht verhehlen, daß sie, trotz unablässiger Angriffe, seit Anfang der Belagerung keinerlei Fortschritte gemacht. Lange trugen sie diese Unfälle, die Entdeckung und Vereitelung all ihrer Pläne, mit ungebeugtem Mut. Aber allmählich bemächtigte sich nicht bloß der großen Masse Verdrossenheit, insbesondere da Mangel an Lebensmitteln fühlbar zu werden begann,– auch des Königs klarer Sinn wurde von trüber Melancholie verdüstert, als er all seine Kraft, all seine Ausdauer, all seine Kriegskunst wie von einem bösen Dämon vereitelt sah. Und kam er von einem fehlgeschlagenen Unternehmen, von einem verunglückten Sturm, matt und gebeugt, in sein Königszelt, so ruhten die stolzen Augen seiner schweigsamen Königin mit einem ihm unverständlichen, aber grauenvoll unheimlichen Ausdruck auf ihm, daß er sich schaudernd abwandte.

»Es ist nicht anders«, sagte er finster zu Teja, »es ist gekommen, wie ich vorausgesagt. Mit Rauthgundis ist mein Glück von mir gewichen, wie die Freudigkeit meiner Seele. Es ist, als läge ein Fluch auf meiner Krone. Und diese Amalungentochter wandelt um mich her, schweigend und finster, wie mein lebendiges Unglück.«

»Du könntest recht haben«, sprach Teja.

»Vielleicht lös’ ich diesen Zauberbann. Gib mir Urlaub für heut nacht.«

Am selben Tage, fast in derselben Stunde, forderte drinnen in Rom Johannes, der Blutige, von Belisar Urlaub für diese Nacht. Belisar schlug es ab.

»Jetzt ist nicht Zeit zu nächtlichen Vergnügen«, sagte er.

»Wird kein groß Vergnügen sein, in der Nacht zwischen alten feuchten Mauern und gotischen Lanzen einem Fuchs nachspüren, der zehnmal schlauer ist als wir beide.«

»Was hast du vor?« fragte Belisar, aufmerksam werdend.

»Was ich vorhabe? Ein Ende zu machen der verfluchten Stellung, in der wir alle, in der du, o Feldherr, nicht zum mindesten stehst. Es ist alles ganz recht. Seit Monaten liegen die Barbaren vor diesen Mauern und haben nichts dabei gewonnen. Wir erschießen sie wie Knaben die Dohlen vom Hinterhalt und können ihrer lachen. Aber wer ist es eigentlich, der all dies vollbringt? Nicht, wie es sein sollte, du, des Kaisers Feldherr, noch des Kaisers Heer: sondern dieser eisige Römer, der nur lachen kann, wenn er höhnt. Der sitzt da oben im Capitol und verlacht den Kaiser und die Goten und uns und, mit Verlaub zu sagen, dich selber am meisten. Woher weiß dieser Odysseus und Ajax in einer Person alle Gotenpläne so scharf, als säße er mit im Rat des Königs Witichis? Durch sein Dämonium, sagen die einen. Durch seine Egeria, sagen die andern. Er hat einen Raben,



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