Drachenreiter by Funke Cornelia

Drachenreiter by Funke Cornelia

Autor:Funke, Cornelia [Cornelia, Funke]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-02-19T05:00:00+00:00


EIN ÜBERRASCHENDES WIEDERSEHEN

Vögel flatterten kreischend in den Nachthimmel, als Ben durch das warme Wasser des Flusses watete. Über die Sandbänke krochen riesige Schildkröten, die sich hier aus dem Meer schoben um ihre Eier abzulegen. Aber Ben hatte kaum ein Auge für sie.

Mit einem Seufzer betrachtete er die Visitenkarte der Drachenforscherin, die Barnabas Wiesengrund ihm gegeben hatte. Viel würde sie ihm nicht nützen. Zwei Adressen standen darauf, eine in London und eine in Karatschi, und ihr Name: Subaida Ghalib. Ben blickte aufs Meer. Ein heller Streifen hing über dem Horizont. Der Tag begann mit heißen Fingern die Nacht zu vertreiben.

»Vielleicht halte ich die Karte einfach ein paar Kindern unter die Nase«, murmelte Ben. »Irgendwer sagt mir dann schon, wo sie wohnt.«

Da zupfte Fliegenbein plötzlich an seinem Ohrläppchen. Er war aus dem Rucksack gekrochen und machte es sich auf Bens Schulter bequem. »Sie werden die Karte nicht lesen können«, sagte er.

»Wieso nicht?« Ben runzelte die Stirn. »Ich kann sie doch auch lesen. Su-bai-da Gha-lib.«

»Wunderbar!« Fliegenbein kicherte. »Dann solltet Ihr ihnen den Namen vorlesen. Hier wird kaum jemand die Schrift entziffern können. Wenn die Kinder in diesem Dorf überhaupt lesen können. Das auf der Karte sind europäische Buchstaben, junger Herr! Hier schreibt man ganz anders. Die Drachenforscherin hat dem Professor eine Visitenkarte in seiner, nicht in ihrer Sprache gegeben, versteht Ihr?«

»Aha!« Ben blickte den Homunkulus erstaunt an - und stolperte fast über eine Schildkröte, die seinen Weg kreuzte. »Was du so alles weißt, Fliegenbein.«

»Nun ja«, Fliegenbein zuckte die Achseln. »Ich habe endlos viele Nächte in der Bibliothek meines Meisters verbracht. Ich habe Bücher über Zauberei gelesen und über die Geschichte der Menschen. Ich habe Biologie studiert, soweit man das anhand von Menschenbüchern kann, Astronomie, Astrologie, Geografie, Schriftkunde und diverse Sprachen.«

»Ach, wirklich?« Ben stapfte die flachen Hügel hinauf, die das Dorf verbargen. Bald konnte er die ersten Hütten sehen. Fischernetze hingen zum Trocknen davor. Das Meer rauschte auf einen breiten Strand, an dem ein Boot neben dem anderen lag. Zwischen den Booten sah Ben Männer stehen, mit Turbanen auf den Köpfen.

»Kannst du auch die Sprache, die hier gesprochen wird?«, fragte er den Homunkulus.

»Urdu?« Fliegenbein verzog das Gesicht. »Selbstverständlich, junger Herr. Ich habe es gelernt, als ich mich mit den großen Weltreligionen befasste. Urdu ist nicht meine Lieblingssprache, aber ich komme zurecht.«

»Na, wunderbar!« Ben fiel ein Stein vom Herzen. Wenn Fliegenbein die Sprache verstand, die hier gesprochen wurde, dann würde es nicht schwer sein, die Drachenforscherin zu finden. »Ich glaub, es ist besser, dass dich erst mal keiner sieht«, sagte er zu dem Homunkulus. »Meinst du, du kannst dich so zwischen meine Sachen setzen, dass du mir zuflüstern kannst, was sie sagen?«

Fliegenbein nickte und kletterte zurück in den Rucksack. »Wie ist es so?«, raunte er. »Könnt Ihr mich so verstehen, junger Herr?«

Ben nickte. Er stieg den Hügel hinunter und kam zu ein paar Ziegengattern. Hühner liefen ihm zwischen die Füße. Kinder spielten vor flachen Hütten in der Morgensonne. Sie sprangen um Frauen herum, die vor den Hütten saßen, miteinander lachten und Fische putzten. Zögernd ging Ben weiter.



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