Die Schuld by Adolph Müllner
Autor:Adolph Müllner [Müllner, Adolph]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Zeno.org
veröffentlicht: 2015-06-28T22:00:00+00:00
Dritte Scene.
Elvire. Jerta. Die Vorigen.
VALEROS nach stummer Begrüßung mit Jerta, zu Hugo.
Eure Schwester?
HUGO mit einem schwach markirten Seufzer.
Ja und – nein!
ELVIRE lebhaft.
Ja!
JERTA.
Nein, Herr Ritter!
ELVIRE.
Doch! euch eint ein heilig Band,[101]
Das mein Wahnsinn nicht soll trennen,
Und du mußt ihn Bruder nennen,
Bist du gleich ihm nicht verwandt.
JERTA.
Eine Schwester, lieb' ich euch,
Seine Gattin, ob ihr gleich
Schwer und kränkend mich verkannt.
VALEROS.
Schöne Frauen, weiht mich ein
In den edelmüth'gen Zwist!
Wenn das Gräfin Jerta ist,
Ist der Graf ihr Bruder.
JERTA.
Nein
Er trägt meines Stammes Namen
Durch des Königs Gnade.
HUGO.
So
Ist es, Ritter, mir zur Pein.
Menschen schenkten, nicht der Himmel,
Jerta's Aeltern mich als Kind.[102]
VALEROS gespannt.
Schenkten euch? – ihr kanntet eure
Aeltern?
HUGO.
Nein.
VALEROS zu Jerta, rasch und angelegentlich.
War eure Mutter
Eine Deutsche?
JERTA.
Nein.
ELVIRE.
Ihr nehmt
Großen Antheil an der Sache.
VALEROS.
Eine ähnliche Geschichte –
Eine plötzliche Vermuthung,
Unterstützt durch diese Landschaft –
Es ist nichts.
HUGO.
Es könnte doch –
Theilt uns die Geschichte mit.[103]
VALEROS.
's ist unmöglich, daß.
HUGO.
Ich bitte!
Diese Landschaft, sagt ihr? Just
Hier, in diesem kleinen Orte,
In Barège's Thale, schwindet
Meines Ursprungs dunkle Spur
Der ich mühsam nachgegangen.
Wenn ihr's für unmöglich haltet,
Daß mich aufklär' eure Kunde;
Ueberzeugt davon auch mich.
VALEROS trübe.
Ungern mag ich einer Mutter
Unnatürliche Verirrung
Offenbaren.
ELVIRE.
Ihren Namen
Könnt ihr ja verschweigen
VALEROS.
Nun,
Um zufrieden euch zu stellen:[104]
Eines Edelmannes Gattin,
Laura, wunderlich erzogen,
Jedem Aberglauben treu,
Den als Kind sie eingesogen,
Liebte bis zur Schwärmerei
Ihren erstgebornen Sohn.
HUGO.
War sie eine Spanierin?
VALEROS.
Von kastilischem Geblüte.
HUGO.
Wirklich? Seht, das träfe schon.
VALEROS.
Ihren Sohn am Arm, und eine
Zweite Niederkunft erwartend,
Stößt sie einst, bei Talavera
Sich ergehend, auf ein Weib
Von zigeunerhaftem Wesen,
Wie sie häufig dort vom Stehlen
Oder Betteln, und daneben
Vom Prophetenhandwerk leben.
Laura weigert ihr die Gabe,[105]
Die sie unbescheiden heischt,
Und die Hocherzürnte kreischt:
»Tagelang wirst du dich quälen,
Eh' du quitt wirst deiner Last!
Ist, was du gebierst, ein Knabe,
Würgt er den, den du schon hast;
Ist's ein Weibsbild, stirbt's durch ihn
Und du fährst in Sünden hin!«
ELVIRE.
Eine grauenvolle Warnung!
VALEROS.
Dafür, leider, nahm es Laura,
Was alltägliches Beginnen
Ist bei jenen Bettlerinnen.
Eines Knaben ward sie ledig
Unter tagelanger Pein,
Und der Spruch, zur Hälft' erfüllt,
Ist ihr nun der Zukunft Stimme.
Als der Kleine – (Otto hieß er,
Weil den Namen seine Pathe,
Eine deutsche Gräfin, wählte.)
Als er kaum im Stande war,[106]
Auf den Füßen sich zu halten,
Zitterte die Mutter schon,
Ohn' es jemand kund zu geben,
Für des Erstlings theures Leben.
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