Die Kalorienlüge: Wie uns die Nahrungsindustrie dick macht (www.boox.bz) by Hans-Ulrich Grimm

Die Kalorienlüge: Wie uns die Nahrungsindustrie dick macht (www.boox.bz) by Hans-Ulrich Grimm

Autor:Hans-Ulrich Grimm [Grimm, Hans-Ulrich]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426425916
Herausgeber: ›Knaur eBook
veröffentlicht: 2015-02-17T16:00:00+00:00


8. Perfide Tricks

Wie Kinder auf Übergewicht programmiert werden – schon im Mutterleib

Endlich Ferien: Weg von der giftigen Umgebung, die die Fettzellen füttert / Warum gibt es keine dicken Küken, keine fetten Fohlen – nur moppelige Menschenkinder? / Fettleber bei Jugendlichen, das hat es früher auch nicht gegeben / Ein Professor bläst zum Kampf gegen die Nahrungsindustrie / Softwarestörung: Wie Plastikhormone den kleinen Körper verformen

Er hat eine Aufgabe, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Die Kinder kommen zu ihm, wenn sie in der Schule gehänselt werden und wenn ihr Körper schon ernsthafte Probleme hat. Sie sind nicht nur dick. Das ginge ja noch. Doch sie zeigen schon erste Anzeichen, dass sie krank werden, später oder auch schon bald.

Er muss ihnen dann wieder ein Gefühl für den Hunger vermitteln. Denn der fehlt den dicken Kindern oft, die zu ihm kommen, in eine Gegend, die sehr nach Ferien aussieht. Hier dürfen die Kinder Urlaub machen von der »giftigen Umgebung«, die ihre Fettzellen füttert und sie krank macht.

Murnau am Staffelsee: sattgrüne Wiesen, barocke Kirchen mit Zwiebeltürmen, Kühe mit prallen Eutern und im Hintergrund die stolzen Bergmassive. In dieser schönen bayerischen Bilderbuchlandschaft liegt das Hospital, in dem sie versuchen, den Kindern ein Gefühl für ihren Bauch zu geben.

Die toxische Umgebung ist natürlich nicht weit. Murnau ist auch eine typische deutsche Kleinstadt. Ein McDonald’s am Ortseingang, die üblichen Lebensmittelhändler, Aldi, Rewe, Tengelmann. Ein Getränkemarkt.

Die Klinik Hochried liegt ein bisschen oberhalb des Staffelsees, in einem hügeligen Park mit Wiesen, Bäumen, einem Spielplatz. Moderne mehrstöckige Bauten, ein altes, prachtvolles Landhaus als Verwaltungssitz.

In die Fachklinik für Kinder und Jugendliche kommen jedes Jahr Hunderte von übergewichtigen Kindern und Jugendlichen aus der ganzen Republik. Sie bleiben sechs Wochen zur Kur, manche aus der Umgebung werden auch ambulant behandelt.

Der Psychologe Dr. Stefan Seiler ist ein sanftmütiger Mensch, blond, er hat einen Computer im Zimmer und Holzklötzchen und eine Zimmerpflanze vom Typ Ficus benjamini. Die Überraschung: Er will den kleinen Dicken nicht den Hunger austreiben. Im Gegenteil: »Wir arbeiten daran, dass sie die Körpersignale wieder wahrnehmen, dass die das Hungergefühl spüren, dem Sättigungsgefühl eine Chance geben.«

Sie arbeiten im Team, ein Psychologe, ein Arzt, eine Ernährungsspezialistin und ein Sportlehrer. Sie treiben einen ziemlichen Aufwand, damit die Kinder wieder das kennenlernen, was das Normalste auf der Welt ist: Hunger.

Es klingt überraschend und sogar paradox, wenn ausgerechnet die dicken Kinder keinen Hunger haben. Und trotzdem essen. Eigentlich sorgt der Hunger dafür, dass der Mensch etwas isst und der Körper mit dem Lebensnotwendigen versorgt wird. Dafür gibt es ja das ganze System der Botenstoffe und Hormone.

Wenn die dicken Kinder essen, ohne Hunger zu haben, dann muss irgendetwas schiefgelaufen sein. Dann stimmt etwas nicht bei der Versorgung des Körpers mit den Nährstoffen.

Das kann Folgen haben fürs Leben: »Es gibt wachsende wissenschaftliche Anzeichen dafür, dass die frühe Ernährung weitreichende Programmierungseffekte für das spätere Leben hat«, sagt Professor Berthold Koletzko vom Dr. von Haunerschen Kinderspital an der Münchner Universität. Es gibt auch zunehmende Anzeichen dafür, dass die Nahrung, die die Kinder zu Beginn ihres Lebens bekommen, zu einer Fehlprogrammierung im System der Botenstoffe führt.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.