Die Hungrigen und die Satten: Roman (German Edition) by Timur Vermes

Die Hungrigen und die Satten: Roman (German Edition) by Timur Vermes

Autor:Timur Vermes [Vermes, Timur]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2018-08-26T22:00:00+00:00


28

Er hat allen gesagt, dass hier jeder auf eigene Verantwortung mitlaufe. Einen garantierten Erfolg gebe es nicht, nur eine bessere Aussicht auf Erfolg. Ja, hat es geheißen, klar. Toll, dass du das überhaupt machst.

»Ich kann euch nichts versprechen«, hat er allen gesagt, »außer dass ihr nicht ertrinkt.« Großartiger Witz, kam immer super an, er hat ihn mindestens hundertmal gemacht, alle haben immer gelacht. Er hat dann noch ein paarmal drangehängt, »und eine Schwimmweste braucht ihr auch nicht«, aber der war dann schon nicht mehr so gut, deshalb hat er ihn schnell wieder weggelassen.

Er hat seinen Jungs auch gesagt: »Macht keine Versprechungen!« Und die haben auch bestimmt keine gemacht, die kriegen ja keine Provision, schon gar keine erwähnenswerte, verglichen mit früher. Er hat nur gesagt, dass er derjenige sei, der es organisiere, weil einer müsse es ja organisieren. Aber deswegen sei man ja nicht der Reiseleiter oder Bürgermeister oder sonst was.

Und warum ist er es jetzt trotzdem?

Er wollte noch nie Bürgermeister sein. Er ist der mit der Idee und vielleicht mit noch ein, zwei weiteren Lösungen, die helfen, aber das war’s auch schon. Die ganze Struktur mit den Lastwagen zum Beispiel, das war ja nicht mal er, das ist Mojo eingefallen. Oder die Kontakte zu den regionalen Warlords: Man bezahlt einen, und der hält dafür die anderen fern. Man muss nur wissen, wer von denen zu seinem Wort steht, aber durch das Modell mit der regelmäßigen Bezahlung hält man die erstaunlich gut bei der Stange. Kommt alles von Mojo, der dafür ja auch seine Prozente kriegt, aber so war das gedacht, genau so: Mal fällt dem einen was ein, mal dem anderen, und manchmal kann vielleicht Malaika helfen oder das UNHCR oder das Fernsehen. Dafür ist er nicht verantwortlich, dafür braucht ihm auch keiner zu danken, er will keine Loblieder, wenn mal was gut läuft, aber beschweren sollen sie sich bei ihm auch nicht. Er ist doch nur der Typ, der vorne an der Spitze läuft.

Er sieht am Horizont eine Staubwolke. Ein Pick-up mit aufmontiertem Maschinengewehr, der Patrouille fährt. Ein oder zwei Mal haben es welche mit Überfällen versucht, vielleicht Mädchenhändler, vielleicht auch nur einfach Konkurrenten, die zeigen wollten, dass die amtierenden Wächter keinen Schutz gewährleisten können. Konnten sie aber, sie kamen gerade mal kurz in Schussweite, dann stürzten sich die Pick-ups auf sie. Das war’s auch schon, bis jetzt wenigstens. Es hilft wohl auch, dass es nicht viel zu klauen gibt. Die Trucks, das Essen, das Wasser, all das ist die Mühe nicht wirklich wert. Wasser, Essen, Strom, all das ist inzwischen so gut organisiert, dass man es nur noch hier und da verbessern muss. Er könnte also einfach nur laufen. Fünfzehn Kilometer am Tag, das ist auch nicht so viel. Abends vögelt man hin und wieder den Engel und träumt von der Zukunft.

Aber sie lassen ihn nicht.

Sie lässt ihn nicht.

Weil sie ein Engel ist, und Engel verstehen nichts vom Leben.

Erst hat sie ihm in den Ohren gelegen, dass er die kleinen Nutten beschützen soll. Es ging selbstverständlich nicht um Schutz, er hätte dafür sorgen sollen, dass sie sich nicht mehr verkaufen müssen.



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