Die Heilerin von London by Betts Charlotte

Die Heilerin von London by Betts Charlotte

Autor:Betts, Charlotte [Betts, Charlotte]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-06-05T13:16:39+00:00


Am folgenden Morgen erklärte sie Agnes, dass sie gerne der Reihe nach die Kunden aufsuchen würde, die bei Henry Zucker und Rum bestellt hatten.

«Je eher Ihr Henrys Schulden getilgt habt, desto besser», sagte Agnes. «Ich lasse mich äußerst ungern von Gläubigern behelligen, die hier an meine Tür klopfen.»

«Natürlich!», sagte Susannah. «Ich werde das so schnell wie möglich erledigen.»

«Und sprecht mal mit Mrs. Oliver. Sie hat einen Bruder, der Fuhrunternehmer ist; der kann die Warenanlieferung übernehmen und wird Euch beim Preis nicht über den Tisch ziehen.»

Susannah brauchte einige Tage, um Henrys sämtliche Kunden aufzusuchen und mit ihnen die Anlieferung der Waren zu besprechen. Manche hatten es sich anders überlegt oder weilten nicht in der Stadt, andere wiederum konnten durch Belege nachweisen, dass sie die Ware bereits zur Hälfte im Voraus bezahlt hatten. Abends, wenn Agnes sich zu Bett begeben hatte, saß Susannah mit Papier und Bleistift da und rechnete zusammen, wie viel Geld sie einnehmen würde. Diese Summe versuchte sie dann mit den vielen offenen Rechnungen und handschriftlichen Schuldscheinen zu verrechnen, die Henry ihr hinterlassen hatte.

Eines Abends schließlich hatte sie den Eindruck, dass endlich alles aufging. Die Kerze vor ihr war zu einem Stummel heruntergebrannt, und sie rieb sich erschöpft die Augen.

«Habt Ihr für alle Waren einen Abnehmer gefunden?»

Beim Klang von Williams Stimme zuckte sie heftig zusammen. Sie legte sich die Hand an die Brust und wandte sich zu ihm um, brachte es aber nicht über sich, ihn direkt anzusehen. Zu sehr wirkte noch der Schock über die Enthüllung nach, dass Joseph sein Kind war. Dass also mithin William und Phoebe …

«Habe ich Euch erschreckt?»

«Ein wenig.» Ihr Gesicht glühte, weil sie auf einmal William vor sich sah, unbekleidet und in leidenschaftlicher Umarmung mit Phoebe. Sie verdrängte das Bild mit aller Macht und räusperte sich. «Zwei überzählige Fässer Rum sind noch übrig. Ich habe mir überlegt, ob ich vielleicht mal in einem Wirtshaus nachfragen soll …»

«Kommt nicht in Frage!» William sah sie streng an. «Ich werde mich für Euch umhören.»

«Danke, William.» Sie seufzte vor Erleichterung, dass er ihr diese Unannehmlichkeit abnehmen würde. «Dann kann ich, wie es aussieht, Henrys Schulden fast vollständig tilgen. Vielleicht erlassen seine Gläubiger mir ja einen kleinen Teil der Schulden, wenn ich an ihre Nachsicht appelliere, aber ich hoffe, die meisten innerhalb der nächsten sieben Tage ausbezahlt zu haben. Irgendwann kann ich dann vielleicht auch den Rest begleichen. Als Zofe verdient man leider nicht sehr viel, und wenn ich erst noch das Kind ernähren muss, werde ich wohl kaum noch etwas beiseitelegen können.»

«Gebt mir einfach eine Aufstellung der noch verbliebenen Schulden, das übernehme ich dann.»

«Nein! Verzeihung. Ich weiß Euer großzügiges Angebot zu schätzen, aber das muss ich allein bewältigen. Es wäre mir nicht recht, eine solche Verpflichtung …»

«Verpflichtung!»

Seine Augen blitzten vor Zorn. Susannah zuckte erschrocken zusammen.

«Wenn mein Cousin Eure Mitgift nicht für lauter Unsinn verjubelt hätte, wärt Ihr jetzt nicht in dieser …»

Die Kerze flackerte kurz und erlosch dann.

Susannah hörte ihn seufzen. Der Atem, den er dabei ausstieß, bewegte die Luft im plötzlichen intimen Dunkel und brachte ihr unangenehm zu Bewusstsein, wie dicht er bei ihr stand.



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