Die gordische Schleife by Schlink Bernhard

Die gordische Schleife by Schlink Bernhard

Autor:Schlink, Bernhard [Schlink, Bernhard]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Neue Literatur
ISBN: 9783257603941
Herausgeber: Diogenes
veröffentlicht: 2015-01-13T05:00:00+00:00


[143] 10

Am nächsten Morgen verwandte Georg mit brauner Hautcreme und schwarzem Haarspray, Schnurrbart und getönten Gläsern, Jackett und Krawatte viel Sorgfalt auf die Verwandlung. Gestern war der Rotschopf um Viertel nach acht aufgetaucht; Georg wartete um acht beim Sportgeschäft, sah den Rotschopf kommen, ging über die Straße und erreichte gleichzeitig mit ihm die Eingangstür. Sah nett aus, pubertätszernarbtes Gesicht, aber klare blaue Augen, kaugummitrainierte Backen und lachbereiter Mund. Mit dem grauen Anzug und der Aktentasche aus Büffelleder konnte er jeder Investment Bank oder jedem Law Office Ehre machen. Er sah Georg indifferent, vielleicht ein bißchen neugierig an und klingelte beim vierten Knopf. Georg drückte auf den achten.

»Wird wieder ein heißer und feuchter Tag.«

»Mhm.«

Die Tür summte und ging auf. Im Flur und auf der Treppe lag graues Papier, Holzpaneele und Treppengeländer waren abgeschmirgelt, und an den Wänden hatte man mit einem neuen Anstrich begonnen. Statt der Lifttür zwei Balken über Kreuz.

»Die arbeiten immer noch am Lift. Sie haben einen ganz schönen Weg vor sich.«

»Immerhin habe ich für den halben Weg Gesellschaft.«

Das Papier rutschte auf der Treppe. Im dritten Stockwerk begann neuer dunkelgrauer Teppichboden, die Wände waren hellgrau und das Holzwerk bordeauxrot gestrichen. Es roch noch nach der frischen Farbe. Im vierten Stock [144] wünschte der Rotschopf einen guten Tag und schloß eine schwere Metalltür ohne Aufschrift auf. Georg stieg weiter. Im fünften Stock eine braungetönte, undurchsichtige Glastür, darauf in goldenen Buchstaben ›Townsend Enterprises‹, im sechsten und siebten Stock wieder die Metalltür ohne Aufschrift. Im achten Stock war sie angelehnt. Georg schob sie auf.

Das Stockwerk war leer. Auch hier frischer Anstrich, Papier auf dem Boden, Malerleitern und Tapeziertische. Vom Eckfenster sah Georg hinter geteerten Dächern mit hölzernen Wasserbehältern den Union Square, weiter weg die beiden Türme des World Trade Center. Der Rotschopf mußte wissen, daß der achte Stock leerstand. Was er denken mochte?

Georg stieg die Treppe hinab und klingelte bei Townsend Enterprises. Mit leisem Klicken schwang die Tür weit auf und gab den Blick in einen großen Raum und auf eine meterbreite und -hohe Weltkarte, eine Einlegearbeit aus Gold und Bronze, frei. Georg trat ein, hinter ihm fiel die Tür ins Schloß, und aus dem linken der beiden seitlich führenden Gänge kam eine junge Frau in rosa Bluse und grauem Kostüm, mit hochgestecktem, überbordendem schwarzen Haar und häßlich geschwungener rosa Brille.

»Kann ich Ihnen helfen?«

»Ich habe im achten Stock nach der Kanzlei Webster, Katz und Weingarten gesucht – wissen Sie, wohin das Büro umgezogen ist?«

»Wir sind selbst erst vor zwei Wochen eingezogen, über die alten Mieter weiß ich nicht Bescheid. Ich will gerne im Telephonbuch nachsehen.«

[145] »Machen Sie sich keine Umstände.« Im Umdrehen sah er, daß sie auf Lima drückte, ehe die Tür aufsprang. Und er sah im rechten Gang die Wendeltreppe, die ein Stockwerk tiefer führte.

Vom nächsten Telephon rief Georg Mr. Epp an. »Wissen Sie, ob beziehungsweise wie sich feststellen läßt, um was für eine Gesellschaft es sich bei Townsend Enterprises, 874 Broadway, handelt?«

»Sie können einen Credit Report einholen.«

»Wo mache ich das?«

»Das will ich gerne erledigen. Rufen Sie mich in ein paar Stunden wieder an.



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