Die Frauen und ihr Beruf by Büchner Luise

Die Frauen und ihr Beruf by Büchner Luise

Autor:Büchner, Luise
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00


Lesen und Vorlesen

»Du wirst wie die Fliege, Gift,

»Mit dem Zucker lecken!«

Rückert.

»Erst hattest du deine Freude dran;

»Nun haben sie andre Leute dran!

»Das ist nun deine Freude dran!«

Rückert.

»Wir haben hier noch eine Seite des weiblichen Lebens in den Kreis unserer Betrachtungen zu ziehen, welche ganz besonders wichtig in den Uebergangsjahren vom Kinde zur Jungfrau ist, und deren Verfehlung häufig die traurigsten Folgen für das spätere Lebensalter nach sich ziehen kann. Es ist nicht genug, daß man die physischen Kräfte des Mädchens und eine zweckmäßige Körperpflege, durch Gymnastik, Spaziergehen, Schwimmen, Schlittschuhlaufen und kräftige Lebensmittel zu stärken und zu entwickeln sucht, eine gesunde geistige Diät, muß sich mit der körperlichen vereinigen, um Frauennaturen zu erziehen, die auch innerlich gesund und unverdorben sind. Es ist nicht immer der Fall, daß in dem gesunden Körper auch eine gesunde Seele wohnt und sie untergräbt nur zu oft, trotz aller Mittel, die äußerlich angewendet werden, von innen heraus die blühenden Wangen und die Fülle der jugendlichen Erscheinung. Was nützt es uns, durch die Physiologen auf's Genauste darüber belehrt zu werden, wie die nervös- hysterische Reizbarkeit so vieler Frauen, durch eine vernünftige Körperpflege in der Kindheit und Jugend könnte ausgerottet werden, wie damit auch zugleich so viele Verschrobenheit und Phantasterei, da, wo man mit Recht eine gesunde, vernünftige Lebensauffassung erwarten könnte, verschwinden müßten, namentlich aber jenes unbefriedigte Zagen, Bangen und Schmachten, welches sich oft bis in das spätere Lebensalter des weiblichen Geschlechtes fortsetzt.

Wir glauben, daß der Wurm, welcher so manches Frauenleben für immer vergiftet, und zerstörend über seine frische Blüthe hinstreift, der solche Frauen, ehe sie nur noch den rechten Ernst des Lebens kennen gelernt, mit sich und der Welt entzweit, der sie Ansprüche und Anforderungen an das gewöhnliche Menschenloos stellen läßt, welchem dieses nur in den seltensten Fällen entspricht, und der endlich den Schmelz reiner und keuscher Weiblichkeit viel öfter, als man es denkt, bereits in der Knospe erstickt, daß er oft erzeugt wird, durch die verfrühte und wahllose Lecture von Büchern, die für Erwachsene noch zu schlecht und verderblich, in der Hand der Jugend und des Kindes geradezu, wie ein zerstörendes Gift wirken. – –

Es ist eine merkwürdige, aber thatsächliche Erscheinung, daß oft die nämlichen Eltern, welche auf die physische Pflege ihrer Tochter jede erdenkliche Sorgfalt verwenden, sich um deren geistige und gemüthliche Entfaltung kaum bekümmern. Wenn sie nur hübsch und gesund ist, wenn ihre äußere Erscheinung ihr nur bald zu einer guten Partie verhilft, dann mag es um das Innere bestellt sein, wie es wolle. – Man sehe sich einmal in seinem eigenen Bekanntenkreise um, man erinnere sich an die frühere Geschichte so mancher Jugendfreundin, und man wird es ganz natürlich finden, daß nur zu häufig diese kräftigen Knospen trotz ihres frischen Aussehens schon innerlich angesteckt und verkrüppelt sind, ehe sie nur in das Leben hinaustreten. Unendlich wenig Mütter kümmern sich darum, wie ihre heranwachsenden Töchter ihre freie Zeit ausfüllen. Wenn die Kleine nur ihre Schularbeiten gemacht, tüchtig geturnt und Clavier gespielt, vielleicht auch im günstigen Fall eine Aufgabe an einer Handarbeit vollendet hat, dann mag sie thun, was sie will.



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