Die Edda by Simek Rudolf

Die Edda by Simek Rudolf

Autor:Simek, Rudolf
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406692734
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2016-07-21T16:00:00+00:00


7. Freyr als Held mythologischer Brautwerbung: Die Skírnismál – «Skírnirs Fahrt»

Die nun zu behandelnden Edda-Lieder gehören nicht mehr zu den reinen Aufzählungen mythologischen Wissens. Zwar sind sie aus demselben Wunsch nach Bewahrung heidnischer Mythen und Dichtungstraditionen heraus entstanden, aber die Form ist hier zugunsten einer durchgehenden Dramaturgie variiert, sodass diese mythologischen Lieder eine konkrete Handlung aufweisen.

Während die ansonsten noch verbleibenden Lieder des Codex regius alle etwas mit dem Gott Thor zu tun haben, stehen die Skírnismál insoweit allein da, als sie das einzige Lied sind, welches sich mit dem Gott Freyr beschäftigt. Der originale Titel des Liedes im Codex regius lautet übrigens nicht Skírnismál («Skírnirs Lied»), sondern För Scírnis, «Skírnirs Fahrt». Dies trifft den Inhalt besser als der gängige neuzeitliche Titel (nach der Handschrift A), denn es geht hier in der Tat nicht um eine Deklamation, sondern um eine Brautwerbefahrt durch Skírnir, den Diener Freyrs.

Auch dieses Lied besitzt einen knappen (Prosa-)Rahmen, der die Situation des nun folgenden Dialogs im Versmaß Ljóðaháttr zwischen Skaði (hier Freyrs Mutter) und Skírnir (Str. 1–2), dann zwischen Skírnir und Freyr (Str. 3–10) erläutert. Einmal mehr wird hier nämlich ein Dialog in Walhall als Einleitung eines Eddaliedes präsentiert. Er handelt von Freyr, der sich unerlaubterweise in Odins Hochsitz Hliðskjálf gesetzt hat und von dort aus die Riesentochter Gerðr in Jötunheim erblickt. Da er von Liebeskrankheit erfasst wird, ruft seine Mutter den Diener, damit er den Grund der Krankheit erfrage, und der hört daraufhin von Freyr (Str. 6–7) die Beschreibung des Mädchens. Freyr schickt Skírnir zur Werbung um Gerðr aus und muss ihm dafür sein Schwert und Pferd mitgeben (Str. 8f.). Hier ist die Handlung nun durch einen Prosaeinschub erweitert, der den folgenden Dialog in Jötunheim erst verständlich macht. Dort spricht Skírnir zuerst einen Hirten an (11–13), worauf sich in einer wohl im Hausinneren zu denkenden Szene Gerðr mit ihrer Magd unterhält (14–15), bis Skírnir zu Gerðr selbst vordringen kann, und erst dann setzt der zentrale Dialog zwischen Skírnir und Gerðr ein (16–39). Der Dialog mit ihr lässt sich in die Phasen der versuchten Bestechung (19–22), der Androhung von Gewalt (23–25) und von Zauber (26–31) und schließlich der gewaltsamen Anwendung des Zaubers selbst (32–36) unterteilen. Die Fluchstrophen selbst lassen sich wieder in drei Gruppen gliedern, nämlich die Strophen 26–28, 29–31 und 32–36 mit jeweiliger Steigerung der Wirkung des angedrohten Zaubers. Gerðr gibt also gezwungenermaßen nach und nennt auch einen Ort für ein Treffen mit Freyr, den Hain Barri (39). Nur Freyrs sehnsüchtige Schlussstrophen (40 und 42) dienen am Ende, nach einem weiteren knappen Prosaabschnitt über Skírnirs Heimreise, der Abrundung.

Die Form der Brautwerbung in diesem Gedicht verdient besondere Aufmerksamkeit, scheint es sich doch hier um älteres mythologisches Material als im Rest des Liedes zu handeln. Sowohl die elf goldenen Äpfel, die Skírnir Gerðr vergeblich als Lohn für ihre Liebesdienste anbietet (19f.), als auch der goldene Ring (21f.) verweisen auf andere Mythen, erstere wohl auf Iduns jugendspendende Äpfel, der Ring sogar ausdrücklich auf Odins Ring, von dem jede Nacht neun weitere abtropfen (der Name Draupnir wird hier allerdings nicht genannt).



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