Die Bürgerliche Revolution by Markus Krall

Die Bürgerliche Revolution by Markus Krall

Autor:Markus Krall [Krall, Markus]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2020-03-11T16:00:00+00:00


Das japanische Modell

Ein häufig vorgetragenes Argument gegen ein baldiges Crash-Szenario ist die These, dass die Zentralbanken einen schier unerschöpflichen Fundus an Ideen haben, um die Dose weiterhin die Straße hinabtreten zu können. Warum soll in Europa nicht funktionieren, was in Japan – wenn auch zu erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Kosten – funktioniert hat?

Der Bank of Japan, also dem fernöstlichen Pendant zur EZB, gelingt dies in der Tat schon seit 30 Jahren. Das Ergebnis ist schlicht erschütternd.

Richtig ist: Der Untergang der Währung ist bisher nicht eingetreten, aber die Bank von Japan sitzt noch tiefer in der Zinsfalle als die EZB, weil sie schon seit 1990 das Loch tiefer gräbt, in dem sie sitzt. Die Zombifizierung der Unternehmenswelt ist wesentlich weiter fortgeschritten als in Europa, wahrscheinlich sind schon ein Drittel der Unternehmen Zombies mit dem Ergebnis, dass es gesamtwirtschaftlich keinen Produktivitätsfortschritt mehr gibt. Es gibt stattdessen einen Produktivitätsrückschritt, der sich darin manifestiert, dass die verfügbaren realen Pro-Kopf-Einkommen seit 20 Jahren um circa ein Prozent pro Jahr schrumpfen. Nur ein Volk, das den Stoizismus so sehr zur Kunstform erhoben hat wie die leidensfähigen Japaner, lässt sich so etwas so lange gefallen.

Die Banken überleben das, weil sie in einem kartellartig organisierten Oligopol dem Ertragsdruck zulasten der Konsumenten und Kunden standhalten. Die inneren Spannungen, denen der Euro ausgesetzt ist, der im Gegensatz zum Yen gar keine richtige Währung ist, bestehen in Japan nicht, weil es sich um einen einheitlichen Zentralstaat handelt. Das Ungleichgewicht sucht sich also andere Ventile. Und es findet sie.

Den schrumpfenden Realeinkommen stehen seit Jahrzehnten künstlich erhaltene und aufgeblasene Vermögenswertblasen vor allem im Immobiliensektor gegenüber. Der Protektionismus bei Agrarprodukten sorgt zugleich für die immer noch höchsten Lebenshaltungskosten aller OECD-Länder. Schrumpfende Einkommen und unbezahlbare Immobilienpreise haben dafür gesorgt, dass bei jungen Ehepaaren beide Partner arbeiten müssen und sich keine Kinder mehr leisten können, um nicht dem sozialen Absturz anheimzufallen. Die Geburtenrate fällt und fällt, und die demografische Katastrophe ist praktisch nicht mehr umkehrbar.

Die schnell schrumpfende Basis der arbeitsfähigen Bevölkerung muss eine schnell wachsende Schicht von Greisen und Pflegefällen ernähren. Der hypertrophe Kopf einer umgedrehten Bevölkerungspyramide ähnelt mehr und mehr einem auf seiner Spitze balancierenden Dreieck, dessen Basis von Jahr zu Jahr schmaler wird. Wir können in Japan in Zeitlupe dabei zusehen, wie ein Volk Selbstmord begeht, oder besser: wie eine falsche Politik es in den kollektiven Selbstmord treibt, indem Geburt und Aufzucht von Kindern zum absoluten Luxusprodukt gemacht wird, das sich die Masse der Bevölkerung nicht mehr leisten kann.

Es ist offenbar nicht nur so, dass sich in einer freien Marktwirtschaft der langfristige Zins an das langfristige Wachstum anpasst. Es scheint auch so zu sein (siehe Abschnitt »Die Identität von Zins und Wachstum«, Kapitel III, ab Seite 35), dass in einer Nullzins-Planwirtschaft sich das langfristige Wachstum an den Null- und Negativzins anpasst und dass die Folgephänomene, eine Kettenreaktion aus schrumpfenden Einkommen, fallender Geburtenrate, schrumpfender Bevölkerung und Absorption der knapper werdenden Ressourcen durch die Gerontokratie, zum Kollaps des Gemeinwesens führen.

Wir können in Japan studieren, was uns in Deutschland und Europa erst noch bevorsteht, falls die EZB das erfolgreich kopieren kann.



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