Die Beschleunigung der Angst by Andreas Acker

Die Beschleunigung der Angst by Andreas Acker

Autor:Andreas Acker
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 2013-10-14T22:00:00+00:00


Kapitel 18

Keiler zerrte ihn in den Ballsaal, seine Finger drückten sich in Daniels Fleisch, tief genug, die Blutzirkulation zu stoppen und blaue Flecke zu verursachen. Seine Rippen schmerzten, und jeder Atemzug sandte einen vergifteten Pfeil in seine Brust.

Yvonne saß bei Karla, redete leise auf sie ein, strich ihr die Haare hinters Ohr. Kurt hing gefesselt am Abwasserrohr und sah wütend aus. Sein ehemaliger Partner blutete weiter vor sich hin, auch wenn die Tropfen, die mit leisem Klopfen auf die Matratze fielen, mittlerweile in größeren Abständen aus dem Mund quollen.

Yvonne drehte sich um, als sie Keiler und Daniel hörte.

»Was ist los?«, fragte sie, als sie den Gesichtsausdruck ihres Komplizen sah. »Ist er da?«

Keiler nickte.

»Ja. Marco empfängt ihn. Wir müssen diesen kleinen Pisser hier fesseln, bevor sie hier sind.«

Yvonne sprang auf und lief zur Tasche, die immer noch in der Mitte des Raums auf dem Boden lag. Daniel beobachtete wieder, wie sie mit ehrfürchtiger Geste den Kasten aus der Sporttasche nahm, ebenso das Klebeband entnahm, und mit sorgfältigen Bewegungen die Kiste wieder im Innenraum verschwinden ließ.

Was immer diese Kiste enthalten mochte, es war so wertvoll, dass Yvonne es selbst in größter Eile wie ein rohes Ei behandelte.

Sie riss einige Streifen des Bandes ab und trat vor Daniel.

»Das wird jetzt wehtun.«

Daniel nickte. Mit Schmerz konnte er umgehen. Zumindest besser als mit der Angst, die in seinem Brustkorb saß und seine Eingeweide aufzufressen drohte.

»Das bin ich mittlerweile gewohnt. Ihr könnt nicht ohne, oder?«

Yvonne antwortete nicht. Sie klebte ihm einen Streifen des Klebebands auf den Mund und brachte ihn so zum Schweigen. Dann klebte sie ihm die Handgelenke zusammen, und schließlich die Füße, ebenfalls an den Gelenken.

Daniel befürchtete, sie würden ihn jetzt einfach umstoßen, so dass er sich nicht abfangen konnte und sich den Kopf auf dem Beton aufschlagen würde. Doch Keiler hob ihn an den Hüften an, als sei er ein Kleinkind, und stellte ihn an die Wand neben Karla. Daniel ging in die Knie, streckte dann die Beine aus und landete auf dem Hintern. Auch Karla wurde gefesselt, jedoch wesentlich sanfter, wie Daniel beobachtete. Zumindest dafür war er dankbar. Auch ihr wurde der Mund zugeklebt und die Arme auf den Rücken gebunden.

Nach getaner Arbeit stellten Keiler und Yvonne sich mit dem Gesicht zur Tür, zwischen sich die Sporttasche. Es sah aus, als wollten sie ihrem hohen Besuch einen würdigen Empfang bereiten. Daniel hätte es nicht gewundert, wenn sie salutiert hätten. Die beiden waren ohne Zweifel angespannt.

Und das machte Daniel nicht ruhiger. Im Gegenteil.

Wer war dieser Xerxes, dass Yvonne und Keiler, ja selbst Marco eine Scheißangst vor ihm hatten? Und sie hatten Angst, das hatte Daniel in Marcos Gesicht gesehen, als die Scheinwerfer durch die Bäume schnitten. Er hatte es an den fahrigen Bewegungen der anderen gemerkt, als sie ihn und Karla gefesselt hatten. Und er hatte es in ihren Augen gesehen. In ihrer aller Augen. So hatte Karla ihn angesehen, als Piet im Lackkostüm und mit einer Machete bewaffnet vor der Kamera posiert hatte.

Er warf einen Blick zu Karla. Sie sah zu einem Punkt weit außerhalb dieses Raumes.



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