Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen by Lyncker Karl

Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen by Lyncker Karl

Autor:Lyncker, Karl
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00


Mündlich.

Fußnoten

1 Schon vor mehreren hundert Jahren haben diese Insecten die Aufmerksamkeit einiger Topographen und Geschichtschreiber auf sich gezogen. Ein Manuscript vom J. 1597 erwähnt derselben wie folgt: »Auff dem Schloß allhier (zu Spangenberg) fallen Jährlich auf Laurentii Tag gemeiniglich (sonst auch vor oder hernach doch selten) ein grosser Schwarm grosser geflügelter Ameisen durch einen Schornstein, so auf der innern fordern Pforten durch den Thurmb gehet und sonst durch keinen Schornstein mehr, kriechen etwas auf dem Schloßplatze herumb, sterben aber endlich und geben einen üblen Gestank von sich, und allezeit, wann sie sich sehen lassen und schwermen, kommt gemeiniglich an selbem Tage ein greulich Sturm und Donnergewitter.« Der Verfasser der hessischen Zeitrechnung zum J. 1693, welcher dies mittheilt, setzt dann hinzu: »Diese Würmlein seyn mir anno 1676, da mirs eben den Weg hindurchgetragen, um Laurentii selbsten gezeiget worden.« Olaus Magnus, Bischof von Upsala, welcher 1567 eine Geschichte der mitternächtlichen Länder und Völker herausgab, erzählt darin, die fliegenden Ameisen nisteten auf Kirchthürmen und ihr Schwärmen deute an, daß der König vom Volke erschlagen oder aus dem Lande vertrieben werde. Nach ihm prophezeiheten Schwärme von Ameisen, welche 1521 zu Holm und Upsala gesehen wurden, die bald nachher geschehene Verjagung des Königs Christiern (Olaus, Magnus, hist. gent. septentr., lib. XXII). Im August 1852 war es mir vergönnt, die »fliegenden Ameisen« in Spangenberg mit eigenen Augen zu sehen. Es war in der That die schwarze Ameise (Formica nigra), wovon das Männchen geflügelt, das Weibchen ungeflügelt ist, bis dem letzteren Ende Juli und Anfangs August ebenfalls Flügel wachsen. Männchen und Weibchen verlassen zu dieser Zeit ihre Stöcke, um zu schwärmen. Während dem Schwärmen geht die Begattung vor sich, wie dies auch bei den Mücken, Schmetterlingen etc. der Fall ist. Nach der Begattung, womit die Bestimmung der Männchen erfüllt ist, fallen diese aus den Schwärmen herab matt zur Erde nieder und sterben bald darauf. Die Weibchen aber fliegen nach ihren Stöcken zurück oder werden auch von den s.g. Arbeiterameisen aufgesucht und in den Stock zurückgebracht, legen Eyer und sterben ebenfalls. Die Eyer werden von den zum Stock gehörigen Arbeiterameisen (Weibchen mit verkümmerten Geschlechtsorganen) gewartet und bis zur Entwickelung der jungen Ameisen gepflegt; diese schwärmen dann im Juli oder August ebenfalls, wie ihre Eltern im vorigen Jahre. Sehr warme Sommer sind der Entwickelung der Ameisen günstig und so kann es kommen, daß durch das Zusammenstoßen vieler Schwärme aus der Umgegend, diese einer schwarzen Wolke ähnlich werden. Die Schwärme hängen sich gern an hohe Thürme, Bergschlösser etc. Das Schwärmen der Ameisen ist jedoch kein Wandern und wenn im Sommer 1852 ein deutsches Blatt berichtete, die Schwärme fliegender Ameisen seien an dem und dem Tage auf ihrem Zuge zu X angekommen, so ist das Unverstand. Der Schwarm bleibt immer in der Nähe der Stöcke, weil die Weibchen in dieselben zurückkehren. Ohne die sorgsame Pflege der ungeflügelten, im Stocke zurückbleibenden Arbeiterameisen wird aus dem Ey keine Made, aus der Made keine Puppe und aus der Puppe keine Ameise.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.