Der Stern der Orsini by Ludwig Huna

Der Stern der Orsini by Ludwig Huna

Autor:Ludwig Huna [Huna, Ludwig]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Grethlein
veröffentlicht: 1920-12-31T23:00:00+00:00


20

Zartes Mondlicht fließt an den Mauern der Burg hinab.

Tiziana liegt im Zimmerschatten auf den Knien. Das Brausen des Todes umgeistert sie. Ihre Hände sind krampfhaft ineinandergefaltet, die Lider verschluchzt, das Herz zerwühlt von Leid und Stolz, Schmerz und Angst. Blut rief man an zum Zeugen der Liebe für sie. Und da reitet jetzt ein Mann in den Kampf, der es nicht über sich brachte, um ihretwillen das letzte von sich zu werfen, das heilige Kleid des Gottesknechts, der aber bereit ist, Wunden und Tod für sie zu empfangen. Damit sie lebe und – wie der arme Mann glaubte – mit einem andern glücklich lebe, sprang er in den Kampf und versuchte eine fremde Liebe zu retten vor dem Würgeratem des Savelli. Deshalb? Wirklich deshalb? Sie glaubte es nicht. Es überfiel sie mit fürchterlicher Wucht, daß ein andrer Trieb es sei, der Giambattista in die Lanzen der Feinde jagte. Er suchte den Tod, um dem andern Sterben in seinem Herzen zu entgehen. Sie hatte die Eifersucht in ihm entfacht, und sie war schuld, daß er sein Herz in wilden Zweifeln zerwühlte, bis es keinen andern Ausweg fand als den Tod. O, was war das für eine Welt um sie? Da fochten drei Männer draußen um ihr Herz und keiner wußte es zu erringen. Der eine liebte sie brutal um ihres Leibes willen; der andre liebte sie, weil er sich selbst verkannte, um ihrer Schönheit willen, und auch der mußte seine Liebe zerbrechen, wenn ihre Schönheit zerbrach; und der dritte liebte sie als ganzen Menschen, Seele und Leib zur Harmonie verschmelzend, und war der einzige, der es wert war, daß sie ihm beides gab. Und dieser dritte war zugleich ein armer Tor und wollte sich’s nicht eingestehen, daß er sie liebte.

Was trieben diese Menschen! Sie brachten ihre Gedanken und Gefühle in Verwirrung und fanden zum Schluß keinen Ausweg als Blut und Tod.

Da schleuderte sie ihre Bedrängnis in wilde Gebete hinein. Schütze sie, Madonna! Giambattista und Marcello! O, seid ihr Gleichgewichte auf der Wagschale meines Schicksals? Nein, ihr seid’s nicht! Die Schale des einen sinkt liebeschwer hinab und zeugt gegen die Reinheit meines Gebetes. Herrgott im Himmel, wäge nicht den Hauch meiner Gedanken! Entscheide du! Was sein soll, wirf mir als gnädiges Geschenk ins Herz! Rette mich vor mir selber! Sieh, da liege ich! Liebebeschwert und ohnmächtig, dich zu bitten – gib mir ein Zeichen, daß du entschieden hast – wie ich wollte! Du hast den Geist der Liebe und Gerechtigkeit –

Sie fühlt den Kelch der Liebe vorüberschweben, einer weißglühenden Lilie gleich, über deren Rand es überquillt von seligem Inhalt. Und da reißt es sich plötzlich los, aus den tiefsten Tiefen des Herzens, und zerbricht das Gebet mit stammelndem Laut: Schütze Giambattista! Mein Herr und Gott!

Und da kommt es auch schon über sie wie Sturmesmacht. Angst und Jubel ringen in ihrer Brust. Es duldet sie nicht mehr in den drückenden Mauern der Burg. Es geht da draußen um sie! Und sie will Zeuge sein der Taten, die jetzt um ihretwillen geschehen, will helfen, wenn es not tut, oder zugrunde gehen, wenn ein andrer zugrunde geht.



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