Der Siebenjaehrige Krieg - Ein Weltkrieg im 18 Jahrhundert by Marian Fuessel
Autor:Marian Fuessel
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: C H Beck Verlag
V. Fürsten, Krieger und Händler
Der Siebenjährige Krieg in Indien
Das indische Mogulreich war nach dem Tod von Großmogul Aurangzeb im Jahr 1707 von einer tiefgreifenden Reorganisation der Herrschaftsstrukturen geprägt, die von der älteren Geschichtsschreibung meist weniger als Transformation denn als Krise gedeutet wurde. Im Zuge einer Deterritorialisierung des Mogulreiches hin zu einer Territorialisierung einzelner Provinzen etablierte sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts auf dem ganzen Subkontinent eine Vielzahl mehr oder weniger von Delhi unabhängig herrschender Akteure: die Nawabs von Bengalen, die Nawab Wazirs von Awadh oder die Nizams von Haiderabad und die Peshwa der Marathen im Hinterland Surats. Um zu verstehen, warum die lokale Bevölkerung Indiens den äußeren Eingriffen der East India Company kaum Widerstand entgegenzusetzen hatte, ist vor allem die Situation der herrschenden Adelsschicht des Mogulreiches der Umara bzw. deren einzelner Kriegsunternehmer, den Mansabdari zu berücksichtigen. Die Nawabs trennten sich allmählich von der Zentralgewalt in Delhi und errichteten eine eigene Hauptstadt in Murshidabad in Bengalen. Angesichts permanenter Angriffe der Marathen zunächst geeint, kam es mit der Thronbesteigung Siraj ud-Daulahs 1756 zu einer Auflösung des Konsenses am Hof von Murshidabad. Verschiedene miteinander rivalisierende Fraktionen machten Bengalen nun zu einem leicht verwundbaren Ziel. Neben den unterschiedlichen Hindugruppen und den muslimischen Mogulherrschern gab es an den Küsten Indiens bereits seit dem Beginn der europäischen Expansion auch eine ganze Reihe Handelsniederlassungen von Europäern. Nachdem anfangs die Portugiesen den Handel dominiert hatten, folgten zunächst die Niederländer und Engländer, dann ab dem späten 17. Jahrhundert die Franzosen.
Wie die militärischen Entwicklungen in Europa die wirtschaftliche Entwicklung in Indien beeinflussen konnten, zeigt u.a. der Salpeterhandel. Salpeter wurde dem Schießpulver zugesetzt, um dessen Schlagkraft zu verbessern, was angesichts fortdauernder Aufrüstung und Kriegführung in Europa die Nachfrage in Indien, einem der wichtigsten Abbaugebiete von Salpeter, enorm steigerte und damit auch auf die Handelsbeziehungen europäischer Handelskompanien mit den lokalen Händlern zurückwirkte. Ab etwa 1720 änderten sich allmählich die Machtverhältnisse unter den Europäern, als die französische Regierung die «Compagnie des Indes» übernahm und zu einem schlagkräftigen Mittel kolonialer Expansion auszubauen begann. Im Zuge des Österreichischen Erbfolgekrieges wurden die europäischen Auseinandersetzungen zwischen England und Frankreich ab 1744 auch nach Indien getragen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Engländer mit ihren vier Niederlassungen – Bombay an der Westküste, Fort St. George und Fort St. David an der Südostküste und Fort William (Kalkutta) an der Nordostküste – im Wesentlichen eine reine Handelstätigkeit in Indien entfaltet. In den sogenannten drei «Carnatic Wars» (1746–48, 1749–54, 1757–63) kam es jeweils zu Auseinandersetzungen zwischen lokalen Machthabern, in die sich Briten und Franzosen als Bündnispartner einschalteten.
Wie die unterschiedlichen Schauplätze der beiden Handelsimperien in Beziehung gesetzt werden konnten, zeigte sich bereits am Ende des Österreichischen Erbfolgekrieges (hier als erster Carnatic war), als im Aachener Frieden 1748 das von den Franzosen eingenommene südindische Madras gegen das von den Briten eingenommene kanadische Louisbourg zurückgetauscht wurde. Jedoch schon bald nach 1748 begannen die Franzosen wieder erfolgreich, in die indischen Machtverhältnisse einzugreifen und sich zu den wirklichen Machthabern Südindiens zu entwickeln. Die «East India Company» ignorierte in ihrer Konzentration auf den Handel hingegen weitgehend die
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