Der Peloponnesische Krieg by Bleckmann Bruno
Autor:Bleckmann, Bruno [Bleckmann, Bruno]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406698811
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Abb. 6: Pylos und Sphakteria
In den drei folgenden Jahren lastete der politische Triumph Kleons schwer auf Athen und förderte ein Klima, in dem die siegesbewußten Athener nun ganz offen vom perikleischen Kriegsplan abwichen und die Gelegenheit versäumten, unter besonders günstigen Bedingungen Frieden zu schließen. Dem Triumph von 425 sollten die Katastrophen von 424 folgen. Das Jahr begann zwar erfolgreich mit der Einnahme von Kythera durch Nikias und der Eroberung des megarischen Hafens Nisaia, aber im November wurde ein großer Teil des athenischen Hoplitenaufgebots in der (oben bereits beschriebenen) Schlacht vom Delion aufgerieben. Bereits zuvor war der spartanische Offizier Brasidas auf dem Landweg über Mittelgriechenland und Herakleia mit einem aus Heloten und Söldnern rekrutierten Korps zur Chalkidike gelangt. Mit seiner Festsetzung in Nordgriechenland traf er die athenische Seemacht dort, wo sie einen großen Teil ihrer Ressourcen für den Flottenbau bezog. Akanthos und Stagiros konnte Brasidas durch seine Überredungskunst, insbesondere durch das Autonomieversprechen, aber auch durch die Mitwirkung der Oligarchenpartei dieser Städte kampflos gewinnen. Der Verlust wäre für Athen zu verschmerzen gewesen. Aber Brasidas begnügte sich nicht damit, sondern überquerte im Dezember 424 die Brücke über den Strymon und tauchte überraschend vor dem wichtigsten athenischen Stützpunkt im Norden, vor Amphipolis, auf. Noch während der Stratege und spätere Historiker Thukydides unterwegs war, um der Stadt zu Hilfe zu kommen, waren die Bewohner von Amphipolis, die nur zum kleineren Teil athenischer Abstammung waren, auf die verlockenden Übergabebedingungen des Brasidas eingegangen. In den ersten Monaten des Jahres 423 fielen andere Städte in Thrakien (Myrkinos, Galepsos, Oisyme und vor allem Torone) dem Brasidas in die Hände.
Aus Angst vor weiteren Verlusten in Nordgriechenland entschlossen sich die Athener im Frühjahr 423 dazu, Sparta um einen Waffenstillstand zu ersuchen. Dort ging man auf diese Bitte ein, weil die führenden Politiker den wachsenden Erfolg des Brasidas in Thrakien eher als Bedrohung ihrer Position denn als Gewinn für Sparta betrachteten und weil ihr Hauptziel immer noch die Befreiung der gefangengehaltenen, mit ihnen verwandtschaftlich oder anderweitig verbundenen Spartiaten war. Beide Parteien vereinbarten, für ein Jahr die Feindseligkeiten ruhen zu lassen und den Status quo zu respektieren. Sparta erklärte sich sogar bereit, auf Flottenoperationen zu verzichten. Aber während der Waffenstillstandsverhandlungen belagerte Brasidas die Stadt Skione, die zwei Tage nach dem Abschluß des Vertrags von Athen abfiel. Politiker wie Kleon sahen darin einen flagranten Verstoß gegen die Bestimmungen des Vertrags. Darüber konnte man angesichts der fast völligen Simultanität von Waffenstillstandsvertrag und Abfall geteilter Meinung sein. Hingegen war bei dem wenig später folgenden Übergang von Mende in den spartanischen Machtbereich der Verstoß gegen das Abkommen evident.
Unter diesen Umständen hatte es der im April 422 erneut zum Strategen gewählte Kleon leicht, die Athener gegen die Bedenken des Nikias zu einer großen Expedition (mit dreißig Trieren, 1200 Hopliten und 300 Reitern) in den Norden zu bewegen. Die Expedition begann zwar zunächst erfolgreich, etwa durch die Erstürmung der Stadt Torone, mit der in gewohnter Manier verfahren wurde – Frauen und Kinder wurden in die Sklaverei verkauft, die Männer zur Aburteilung nach Athen verbracht. Dann aber folgte die Katastrophe.
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