Der Liebhaber meines Mannes by Roberts Bethan

Der Liebhaber meines Mannes by Roberts Bethan

Autor:Roberts, Bethan [Roberts, Bethan]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-06-21T16:00:00+00:00


12. NOVEMBER 1957

IMMER NOCH FROST auf den Gehwegen. Aus dem Gasofen strömt Rauch in mein Büro. Ich trage einen Pullover unter dem Jackett. Jackie zittert geräuschvoll bei jeder Gelegenheit. Und er ist wiedergekommen.

Die Zeit: sieben Uhr dreißig. Der Tag: Dienstag. Ich saß in der Wohnung und aß gerade einen Teller Gulasch zu Ende. Und plötzlich schrillte die Klingel. DUM-De ging mein Herz, aber nur einmal. Ich hatte mir schon fast angewöhnt, nicht mehr damit zu rechnen, dass er herkäme.

Aber da war er. Er sagte nichts, als ich öffnete. Ich blickte ihn kurz an, bevor er nach unten sah.

»Es ist Dienstag, oder?«, sagte er. Er klang ruhig, fast kühl.

Ich führte ihn herein. Diesmal hatte er keine Uniform dabei und einen langen grauen Mantel an, den ich ihm abnehmen durfte, sobald wir drinnen waren. Das Kleidungsstück war groß genug, um als Baldachin zu dienen, unter dem man Schutz fand, und ich stand einen Augenblick, hielt es im Arm und beobachtete, wie er unaufgefordert ins Gästezimmer ging.

In einem Aufräumanfall hatte ich Staffelei und Farben weggeräumt und der Stuhl, auf dem er Modell gesessen hatte, war jetzt wieder an seinem richtigen Platz neben dem Bett.

Er blieb in der Mitte des Zimmers stehen und drehte sich um, sah mich an. »Willst du mich nicht malen?« Seine normalerweise roten Wangen waren blass und seine Augen kalt.

Ich hielt immer noch den Mantel fest. »Wenn du willst …«, sagte ich, mich nach einem Platz umsehend, wo ich ihn ablegen könnte. Ihn aufs Bett zu legen, schien ein bisschen zu dreist. Wie das Schicksal herausfordern.

»Ich dachte, das würden wir hier machen. Ein Porträt. Dienstagabends. Ein Porträt von einem normalen Menschen. Wie mir.«

Ich hängte seinen Mantel über den Stuhl. »Ich kann dich zeichnen, wenn du willst.«

»Wenn ich will? Ich dachte, du wolltest es.«

»Nichts ist vorbereitet, aber –«

»Das hier ist gar kein Studio, stimmt’s?«

Ich überhörte das. Ließ einen Moment des Schweigens verstreichen. »Warum besprechen wir das nicht im Wohnzimmer?«

»Hast du mich unter einem Vorwand hierhergeholt?« Seine Stimme war leise und zitterte vor Wut. »Du bist einer von diesen Aufreißern, stimmt’s? Du hast mich nur aus einem Grund hierhergeholt, stimmt’s?«

Er leckte sich die Lippen. Schob seine Manschetten hoch. Machte einen Schritt auf mich zu. In dem Augenblick war er jeder Zoll der einschüchternde Polizist.

Ich trat zurück, setzte mich aufs Bett und schloss die Augen. Ich war bereit für den Schlag. Für die große Faust auf meinem Wangenknochen. Du hast dir diesen Schlamassel selbst eingebrockt, Hazlewood, sagte ich mir. Diese harten Kerle sind alle gleich. Genau wie Thompson in der Schule: Nachts hat er mich gefickt und tagsüber bekämpft.

»Beantworte meine Frage«, forderte er mich auf. »Oder hast du keine Antwort?«

Ohne die Augen zu öffnen, entgegnete ich so sanft, wie ich konnte: »Behandelst du so deine Verdächtigen?«

Ich weiß nicht genau, was mich dazu trieb, ihn so herauszufordern. Ich vermute, ein Rest Vertrauen in ihn. Irgendein Glaube, dass seine Angst vorübergehen würde.

Ein langes Schweigen. Wir waren immer noch nah beieinander; ich konnte hören, wie seine Atmung langsamer wurde. Ich öffnete die Augen. Er ragte bedrohlich vor mir auf, hatte aber wieder seine normale, leicht gerötete Gesichtsfärbung.



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