Der Hund mit dem gelben Herzen by Richter Jutta

Der Hund mit dem gelben Herzen by Richter Jutta

Autor:Richter, Jutta [Richter, Jutta]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Die Käsemondnacht, draußen im Schlosspark — der Mond, ganz rund und ganz gelb, hing lächelnd am Himmel — , und Lobkowitz schaute auf, erblickte den Mond und schien etwas zu sehen, das nur er sehen konnte, denn er erschrak und zuckte zusammen. Dann wurde er wütend und brüllte:

„Du Heuchler! Du Heuchler mit deinem ewigen Lächeln! Mit deiner grinsenden Engelsgeduld! Was wärest du denn ohne mich? Nichts! Ein Niemand wärest du und würdest noch immer den Sandweg langstolpern in endloser Nacht, rechts Irrsal, links Wirrsal!“

Der Mond, ganz rund und ganz gelb, lächelte weiter stumm vor sich hin, und der Hund machte sich klein, denn er spürte Lobkowitz’ wachsenden Zorn.

Lobkowitz hatte nämlich sein Versprechen gehalten und seit der Sternschnuppennacht nichts mehr getrunken, schon fünf Tage lang nichts. Fünf Tage lang keinen Schluck Rotwein.

Und es war ihm schwer gefallen, das wusste der Hund, denn am ersten Tag war Lobkowitz unruhig auf und ab gelaufen im Schlosspark, und seine Hände hatten gezittert, und er hatte leise geflucht:

„Zur Hölle mit dir und dem Himmel! Zur Hölle mit dir und der Welt! Wie soll man das aushalten, ohne Rioja, Barolo und Montepulciano! Wie soll man denn leben, ohne den Mut zu vergessen?“

So hatte Lobkowitz geflucht und noch andere seltsame Sachen gesagt:

„Du hast mich verstoßen! Du falscher Bruder! Und jetzt auch noch das! Nimmst mir die einzige Freude, den einzigen Trost! Willst mich erpressen mit deiner Welt und denen, die sie bewohnen!

Ich habe doch alles versucht! In all den Jahrtausenden habe ich sie begleitet, sie gelenkt und gelehrt, wie du es gewollt hast. Ich habe Ideen in ihre Köpfe gelegt: das Feuer, das Rad...

Sie haben gelernt, aus den Höhlen zu kriechen, aus Steinen Häuser zu bauen und prächtige Schlösser. Sie haben gelernt, ihr Feld zu bestellen und die Wüste zum Garten zu machen!

Nur eines habe ich nicht zu verhindern vermocht: Dass sie auch das Gegenteil tun, dass sie die Häuser zu Steinen machen und den Garten zur Wüste. Du solltest dich selbst um sie kümmern! Schließlich bist du der Erfinder!“

Am dritten Tag ohne Rioja, Barolo und Montepulciano war Lobkowitz traurig geworden. Er hatte nicht mehr so furchtbar gezittert und war ruhiger, aber dafür weinte er viel und schien kleiner zu werden. Der schwarze Mantel hing traurig an ihm herunter, seine Augen glänzten nicht mehr und er wurde stumm, sagte kein einziges Wort.

Da hatte der Hund sich Sorgen gemacht, denn schließlich war die Geschichte, die Lobkowitz erzählt hatte, so spannend gewesen, dass er Hunger und Durst vergessen konnte und sogar das Alleinsein.

Ein Lobkowitz ohne Geschichte war so wie Hähnchenhaut mit Federn: zu nichts zu gebrauchen und fremd wie ein Fisch.

In jener Käsemondnacht, der fünften ohne Rioja, Barolo und Montepulciano, als der Mond still vor sich hin lächelte und keine Antwort gab, hatte Lobkowitz endlich sein Schweigen gebrochen und mit riesigem Zorn den Rest der Geschichte erzählt.

„Du Heuchler! Du mit deinem ewigen Lächeln! Mit deiner grinsenden Engelsgeduld! Du hast mich einfach verstoßen! ,Mir aus den Augen‘, hast du gesagt, das sei dein Garten und nur du dürftest bestimmen, wer



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