Der Fahrer by Winkelmann Andreas

Der Fahrer by Winkelmann Andreas

Autor:Winkelmann, Andreas [Winkelmann, Andreas]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2020-06-15T16:00:00+00:00


21

Rabea Leihmann war verwirrt und stand Todesängste aus, aber sie versuchte trotzdem, sich einen kläglichen Rest funktionierenden Menschenverstandes zu erhalten. Sie wusste, wenn sie überleben wollte, durfte sie das Denken nicht vollkommen aufgeben, durfte nicht panisch werden.

Was um Gottes willen wollte dieser Mann von ihr? Was sollte das mit den Fotos im Kofferraum? Er hatte etwas von «Content» gefaselt und ihr vorgeworfen, sie sei egoistisch und rücksichtslos. Weil sie für ein gutes Foto ihr Leben über alle anderen stellte und damit selbstsüchtig gegen jede Regel verstieß.

Er war so wütend gewesen. Und es war nicht diese Art von Wut gewesen, die wie fiebrige Hitze nach außen strahlte, sondern eine kalte, tief im Inneren mühsam versteckte Wut, einem Vulkan gleich, der ausbrechen wollte, es aber nicht konnte.

Der Wagen, in dessen Kofferraum Rabea lag, stoppte.

Ihr Herzschlag setzte einen Moment aus, bevor er zu galoppieren begann.

Sie hörte, wie der Motor abgestellt wurde. Nach vielleicht zwei Minuten absoluter Stille ging eine Tür auf und wurde gleich darauf wieder zugeschlagen.

Schritte auf Schotter, dicht am Wagen.

Dann wieder Stille.

Hörte sie ihn durch das dünne Blech des Wagens atmen, konnte das sein?

Plötzlich schlug er von außen hart auf den Kofferraumdeckel, und Rabea erschrak abermals, zuckte zusammen und gab sogar ein schrilles Quieken von sich.

Der Kofferraumdeckel schwang nach oben, aber es drang kein Licht hinein. Die Nacht war nicht vollkommen schwarz, Rabea konnte ihn sehen, allerdings nur als Schemen, hoch über dem Kofferraum ragend.

«Eine falsche Bewegung, und ich prügele dir selbstsüchtigem Biest die Scheiße aus dem Hirn.» Da war sie wieder, diese kalte Wut, und sie jagte Rabea eine Heidenangst ein. Was nur hatte sie diesem Mann getan? Handelte es sich bei ihm um irgendeinen Typen, der sie bei Insta oder Tinder angebaggert und dem sie die kalte Schulter gezeigt hatte?

«Ich mach dich jetzt los, und du kommst da raus.»

Kaum hatte er das ausgesprochen, beugte er sich auch schon über sie und löste die Fesseln und den Knebel in ihrem Mund.

Rabea konnte sich nicht sofort so bewegen, wie es nötig gewesen wäre, um aus dem Kofferraum zu klettern. Er packte hart zu und half ihr. Als sie schließlich hinter dem Wagen stand, schwankte sie, kippte dagegen, musste sich abstützen.

«Spiel hier nicht die Schwache. Sieh zu, dass du …»

Ihr Tritt kam aus dem Nichts, traf aber genau da, wo er treffen sollte: zwischen seine Beine.

Rabea hatte weder die nötige Bewegungsfreiheit noch die Kraft gehabt, wirklich fest zuzutreten, aber es reichte, um ihn einknicken und sich wie alle Typen zwischen die Beine fassen zu lassen.

«Wichser!», stieß Rabea aus und drosch ihm ihren spitzen Ellenbogen von oben in den Nacken.

Er fiel auf die Knie, und Rabea glaubte schon, es geschafft zu haben. Da packte er ihre beiden Knöchel und zog ihr die Füße unter dem Körper weg. Rabea schlug mit dem Rücken gegen den Kofferraum des Wagens, versuchte verzweifelt, sich irgendwo festzuhalten, fand aber nichts und fiel neben ihm zu Boden.

Ein Fausthieb traf sie im Gesicht, und sie spürte einen ihrer Schneidezähne in ihrem Rachen verschwinden. Blut füllte ihren Mund. Sie drohte, die Besinnung zu verlieren.



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