Der Einsatz von Verdeckten Ermittlern - Handbuch fuer die Praxis der Strafverfolgungsbehoerden by David R Kirkpatrick

Der Einsatz von Verdeckten Ermittlern - Handbuch fuer die Praxis der Strafverfolgungsbehoerden by David R Kirkpatrick

Autor:David R Kirkpatrick [Kirkpatrick, David R]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Verlag Deutsche Polizeiliteratur
veröffentlicht: 2013-06-25T22:00:00+00:00


11.4 Einsatz in Haftanstalten

Eine Verletzung des Kernbereichs könnte dann in Betracht kommen, wenn der Kontakt zu dem Beschuldigten in einem geschützten Raum stattfindet, der dem Beschuldigten einen Mindeststandard an Privatheit garantiert. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes gestattet der Besuchsraum einer Untersuchungshaftvollzugsanstalt aber nicht die Qualifizierung als Wohnung im Sinne des Art. 13 GG.352 Daher dürfen sogar Gespräche des Untersuchungsgefangenen mit Angehörigen jedenfalls dann unter den Voraussetzungen des § 100c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 StPO abgehört werden, wenn der Besuch erkennbar von einem Beamten überwacht wird, der Verdacht einer schweren Straftat gegeben und auch im Übrigen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.353 Besteht Anlass zu der Annahme, dass im Rahmen einer Gesprächsüberwachung zumindest partiell Tatdetails erörtert werden, liegt keine unfaire Verfahrensgestaltung vor,354 sofern konkrete Anhaltspunkte zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme vorlagen. Daher ist auch der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers in einer Haftanstalt nicht gänzlich ausgeschlossen.

Eine unzulässige Beeinträchtigung der Freiheit der Willensentschließung und damit ein Verstoß gegen die §§ 163a, 136a Abs. 1 StPO in entsprechender Anwendung mit der Folge eines Verwertungsverbots für die so erlangten Erkenntnisse kann nach der Rechtsprechung des Senats355 hingegen dann vorliegen, wenn die Ermittlungsbehörden einen Mithäftling, der den Auftrag hat, den Beschuldigten über die diesem zur Last gelegte Tat auszuforschen, in einen so engen Kontakt mit dem Beschuldigten bringen, dass dessen Möglichkeit, sich der Einflussnahme des „Polizeispitzels“ zu entziehen, maßgeblich eingeschränkt wird.356 Der von der Untersuchungshaft ausgehende Zwang, der den Zweck hat, die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und die spätere Strafverfolgung sicherzustellen, darf nicht dazu missbraucht werden, die Aussage eines Beschuldigten zu beeinflussen, ihn insbesondere zu veranlassen, von seinem Schweigerecht keinen Gebrauch zu machen. In der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs ist eine solche Fallkonstellation ausdrücklich als Beispiel dafür bezeichnet worden, dass auch dem Einsatz von Privatpersonen bei der Aufklärung von Straftaten rechtsstaatliche Grenzen gesetzt sind.357 Diese Grundsätze lassen sich entsprechend auf den Einsatz von Verdeckten Ermittlern übertragen.

Liegen hingegen konkrete Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten in der Haftanstalt oder die Steuerung von bevorstehenden Straftaten mithilfe in Freiheit befindlicher Mittäter vor, ist eine Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze nicht zu besorgen. Denkbar sind die Fälle des Drogenhandels in der Haftanstalt, korrumpierendes Verhalten oder sonstige Delikte, die nicht Gegenstand der Anordnung der Untersuchungshaft sind, oder während laufender Strafvollstreckung begangen werden.

Die Anwendung kriminalistischer List ist auch bei Ermittlungsmaßnahmen in Haftanstalten nicht unzulässig.358 Heimliche Überwachungsmaßnahmen sind zudem dadurch charakterisiert, dass sie von dem Betroffenen nicht wahrgenommen werden.359 Eine Verletzung des verfassungsrechtlich verankerten Verbots eines Zwanges zur Selbstbelastung scheidet bei dieser Fallkonstellation ebenfalls aus.



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