Der dunkle Fluss by John Hart

Der dunkle Fluss by John Hart

Autor:John Hart
Die sprache: de
Format: mobi
Tags: Roman
ISBN: 9783442741847
Herausgeber: btb
veröffentlicht: 2010-11-30T23:00:00+00:00


NEUNZEHN

Ich rief Robin vom Auto aus an und berichtete ihr, was passiert war. Sie wollte sich mit uns am Gefängnis treffen, aber das lehnte ich ab. Sie steckte jetzt schon zu tief drin. Sie widersprach, und je länger wir diskutierten, desto entschlossener wurde ich. Sie hatte sich entschieden — für mich —, und ich würde nicht zulassen, dass diese Entscheidung ihr schadete. Wir vereinbarten, uns am nächsten Tag zu treffen, wenn ich halbwegs herausgefunden hätte, was zum Teufel hier vorging.

Dann fuhren wir in die Stadt zum Gefängnis von Rowan County — Parks, Dad und ich. Jamie sagte, er könne es da nicht aushalten, und ich wusste, was er meinte. Die Gitter, den Geruch des Knasts. Die blanke Tatsache, dass es ihn gab. Niemand versuchte, Jamie zu überreden. Er war den ganzen Nachmittag mürrisch gewesen, und er und Dolf hatten nicht viel für einander übrig. Das Gebäude ragte düster vor dem Abendhimmel auf. Wir bogen durch den Gegenverkehr auf den Parkplatz, stiegen die breite Treppe hinauf und gingen durch die Sicherheitskontrolle. Im vorderen Raum roch es nach Heißleim und Fußbodenreiniger. Mit metallischem Krachen fiel die Tür hinter uns zu, und lauwarme Luft wehte seufzend aus den Öffnungen unter der Decke. Vier Leute saßen auf orangegelben Plastikstühlen an der Wand entlang: zwei Hispanics in grasfleckigen Kleidern, eine alte Frau mit teuren Schuhen und ein junger Mann, der sich die Nägel blutig kaute.

Parks in seinem makellosen Anzug fiel auf, aber niemand war beeindruckt, schon gar nicht der Sergeant hinter der verschrammten kugelsicheren Scheibe. Parks richtete sich auf, kehrte den Anwalt heraus und verlangte Dolf Shepherd zu sprechen.

»Nein.« Die Antwort war unmissverständlich, und sie kam mit der müden Gleichgültigkeit langjähriger Übung.

»Wie bitte?« Der Anwalt war anscheinend ehrlich gekränkt.

»Er ist in der Vernehmung. Niemand kann ihn sprechen.«

»Aber ich bin sein Anwalt.«

Der Sergeant zeigte auf die lange Reihe der Plastikformstühle. »Nehmen Sie Platz. Wird ein Weilchen dauern.«

»Ich verlange meinen Mandanten zu sehen, und zwar auf der Stelle.«

Der Sergeant lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. Das Alter hatte ihm seine Zeichen aufgedrückt: tiefe Stirnfalten und einen Bauch wie ein Koffer. »Werden Sie hier noch einmal laut, und ich werfe Sie eigenhändig aus dem Gebäude«, sagte er. »Bis ich andere Anweisungen bekomme, wird niemand ihn sehen. Das sagt der Sheriff persönlich. Sie können sich hinsetzen oder gehen.«

Der Anwalt ließ sich auf die Fersen zurücksinken, aber seine Lippen blieben schmal. »Wir sind noch nicht fertig«, sagte er.

»Doch, sind wir.« Der Sergeant stand auf, ging nach hinten und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Dann lehnte er sich an die Theke und starrte uns durch die schusssichere Scheibe an. Mein Vater legte dem Anwalt die Hand auf die Schulter.

»Setzen Sie sich, Parks.«

Der Anwalt stakste in die hintere Ecke, und mein Vater klopfte an die Scheibe. Der Sergeant stellte seinen Kaffee hin und kam herüber. Meinen Vater behandelte er mit mehr Respekt. »Ja, Mr. Chase?«

»Kann ich mit dem Sheriff sprechen?«

Die Züge des Mannes entspannten sich. Trotz allem, was in den letzten Jahren geschehen war, hatte mein Vater noch immer eine mächtige Position in diesem County und wurde von vielen geachtet.



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