Das verlassene Haus by Louise Penny

Das verlassene Haus by Louise Penny

Autor:Louise Penny [Penny, Louise]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783311701262
Herausgeber: Kampa Verlag


Ein Kreischen zerriss die Stille des Zimmers. Lacoste erstarrte. Neben ihr drehte sich der Chief Inspector in die Richtung, aus der es gekommen war.

»Tut mir leid.« Lemieux stand verlegen in der Tür, in der Hand hielt er einen Streifen gelbes Klebeband, das er vom Rahmen gerissen hatte. »Ich werde versuchen, es leiser zu machen.«

Isabelle Lacoste schüttelte den Kopf und merkte, dass ihr Herzschlag sich wieder normalisierte.

»Hat sich im Zimmer etwas verändert?«, fragte Gamache.

Lacoste sah sich um. »Für mich sieht es genauso aus wie vorher, patron.«

»Jemand ist hier eingebrochen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das ohne Grund getan hat. Was war dieser Grund?«

Armand Gamache ließ seinen Blick langsam durch das Zimmer wandern, das ihm mittlerweile vertraut war, auch wenn er sich deshalb noch lange nicht wohl darin fühlte. Fehlte etwas? Warum sollte jemand gewaltsam die von der Polizei versiegelte Tür öffnen, um hier reinzukommen? Um etwas mitzunehmen? Oder auszutauschen?

Gab es einen anderen Grund?

Das Einzige, was sich in dem Zimmer offensichtlich verändert hatte, war der Vogel. Hatte ihn jemand absichtlich getötet? Handelte es sich um ein rituelles Opfer? Aber warum ein kleiner Vogel? Waren solche Opfer nicht größer? Kühe, Hunde oder Katzen? Er stellte fest, dass seine Fantasie mit ihm durchging. Er hatte keine Ahnung von Opferritualen. Die ganze Sache kam ihm ziemlich makaber vor.

Unter seinen Füßen knirschte das grobe Salz, als er sich hinkniete und mit vorgebeugtem Kopf den Vogel genauer betrachtete.

»Soll ich ihn eintüten?«, fragte Lacoste.

»Später, ja. Haben Sie irgendeine Idee?«

Gamache wusste, dass Lacoste am Morgen nicht hier gewesen war, um den Tatort unter die Lupe zu nehmen, sondern um ihr persönliches Ritual durchzuführen.

»Der Vogel sieht verängstigt aus, aber vielleicht bilde ich mir das nur ein.«

»Wir haben ein Vogelhäuschen mit Futter auf dem Balkon«, sagte Gamache und richtete sich wieder auf. »Bei gutem Wetter trinken wir dort morgens unseren Kaffee. Die Vögel, die zu dem Häuschen kommen, sehen immer verängstigt aus.«

»Na ja, Sie und Madame Gamache sind ja auch sehr furchteinflößende Leute«, sagte Lacoste.

»Sie ja.« Er lächelte. »Grauenerregend.«

»Sie Ärmster.«

»Offen gestanden glaube ich, dass wir in den Gesichtsausdruck eines toten Vogels nicht zu viel hineininterpretieren dürfen«, sagte Gamache.

»Da bleiben uns zum Glück ja noch Kaffeesatz und Eingeweide«, sagte Lacoste.

»Das sagt Madame Gamache auch immer.«

Sein Lächeln verschwand, als er den toten Vogel zu seinen Füßen betrachtete, ein dunkler Fleck auf dem hellen Salz, die Augen schwarz, starr. Er fragte sich, was er zuletzt gesehen hatte.



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