Das stille Gift by Förg Nicola

Das stille Gift by Förg Nicola

Autor:Förg, Nicola [Förg, Nicola]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492973137
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 2016-03-01T05:00:00+00:00


7

Am nächsten Morgen um neun erreichten sie den Hof der Urbans. Sonntägliche Stille lag über dem Dorf. Elli Urban war aber schon damit beschäftigt, an ihren Geranien zu zupfen, die noch in voller Pracht standen. Sie wischte ihre Hände an der Kittelschürze ab, für die sie noch viel zu jung war, und wartete ruhig, bis die zwei Frauen vor ihr standen.

»Der Rupert ist nicht da«, sagte sie anstelle einer Begrüßung.

Elli war tatsächlich eine jüngere Ausgabe ihrer Mutter. Sicher war sie keine klassische Schönheit, aber sie hatte dennoch etwas Apartes. Irmi wusste, dass Rupert kein Kostverächter war und sich an Wirtshausbedienungen, Sekretärinnen oder Saisonkräften in den Hotels gütlich tat. Es war ein offenes Geheimnis, dass er für ein uneheliches Kind zahlte, das mit seiner Mutter zurück nach Gotha gezogen war. Irmi nahm an, es gab noch mehr davon. Sie hatte sich schon oft gefragt, was Elli eigentlich bei ihrem Mann hielt. Schließlich war sie begütert und finanziell definitiv nicht abhängig von ihm. Was war das für ein Deal, den die beiden hatten? Hatte Elli ihre mangelnde Schönheit etwa so sehr verinnerlicht, dass sie glaubte, es sei besser, einen Ehemann wie Rupert zu haben als gar keinen? Dabei hätte sie wirklich etwas Besseres verdient, fand Irmi.

»Wir wollten eh erst mal mit dir sprechen, Elli«, sagte sie und stellte ihre jüngere Kollegin vor. Dann kam sie ohne Umschweife zur Sache. »Es geht um eure Waldwiese, Elli, die ihr erst im Frühling mit Mais bebaut habt. Wessen Idee war das?«

Elli runzelte die Stirn. »Warum willst du das wissen?«

»Magst du mir einfach antworten?«

»Das ist keine Frage von mögen!«, schoss Kathi dazwischen.

Elli sah zwischen Irmi und Kathi hin und her. Offenbar fand sie, dass die beiden Frauen ein ungewöhnliches Paar bildeten. Dann wandte sie sich demonstrativ an Irmi.

»Das hab ich veranlasst. Der Papa ist immer noch zum Strahmähen hingefahren, zum Teil hat er noch mit dem Balkenmäher gearbeitet. Der Papa hatte einen Herzinfarkt, und ich wollte nicht, dass er noch einen riskiert. Solange da aber was zu tun war, hätt er nie aufgehört. Also hab ich Mais säen lassen. Bringt nichts ein, aber schützt meinen Vater vor sich selber.«

Das war interessant. Sehr sogar.

»Das heißt, dass diese Wiese eigentlich nie für den Maisanbau eingeplant war?«

»Nein, da sind ein paar Orchideen drauf gewachsen, die die Mama unbedingt retten wollte. Wir hatten einen Mordsärger deswegen. Aber Papas Gesundheit ging vor.«

»Ich versteh Sie richtig?«, mischte sich Kathi ein. »Das war also eine für den Naturschutz wichtige Wiese, die eigentlich Jahr und Tag das hätte bleiben sollen, was sie war – ein Rückzugsort für Blümlein und Tierlein?«

»Ihre Ironie können Sie sich sparen!«, entgegnete Elli scharf und wandte sich wieder an Irmi. »Du weißt doch, wie das ist.«

Wo kein Ankläger, da kein Gericht. Und wo kein Richter, da kein Henker. Ganz heimlich und ohne Aufsehen wichen die letzten Biotope der Effizienzlandwirtschaft. In diesem Fall war offenbar gar nicht die Gier Antriebsfeder gewesen, wie der Herr Jurist a. D. angenommen hatte. Aber auch lautere Motive führten zum unlauteren Verlust von Natur. Den Preis für die Gesundheit vom Papa Lindner zahlten nun die Orchideen und die Tiere.



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