Das Raetsel der Liebe by Nina Rowan

Das Raetsel der Liebe by Nina Rowan

Autor:Nina Rowan [Rowan, Nina]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Historical
ISBN: 9783802592645
Google: lsDnmgEACAAJ
Herausgeber: Egmont LYX
veröffentlicht: 2014-01-08T23:00:00+00:00


16

Jane linste durch das Fenster zu dem Mann auf der anderen Straßenseite hinüber. Irgendetwas an ihm kam ihr bekannt vor, obwohl sie nicht genau sagen konnte, was es war.

Sie wandte sich ab und begann, im Zimmer hin und her zu laufen. Ohne Lydia wusste sie nicht so recht, was sie mit sich anfangen sollte. Großmutter war zwar heute Morgen mit ihr im Park gewesen, hatte sie dann aber der Obhut von Mrs Driscoll übergeben, um einkaufen zu gehen.

Jane sah noch einmal zu dem Mann hinaus. Er schien groß und dünn zu sein, die Hände hatte er in den Taschen, den Hut tief ins Gesicht gezogen.

In Janes Magen bildete sich ein Knoten. Sie fragte sich, was Lydia wohl auf Lord Rushtons Landsitz so machte, und ließ eine Hand in die Tasche gleiten, in der sie immer noch den kleinen Schlüssel verwahrte. Sie hatte ihn bisher noch nicht ausprobiert, obgleich sie wusste, dass es nur ein oder zwei Schlösser gab, in die das winzige Ding passen könnte.

Mrs Driscoll erschien in der Tür. »Möchtest du vielleicht einen Tee, Liebes?«

Jane schüttelte den Kopf und murmelte, sie habe keinen Hunger.

Dann schlüpfte sie an der Haushälterin vorbei und ging die Treppe hinunter ins Erdgeschoss. Sie spürte, wie unerklärlicherweise Beklommenheit von ihr Besitz ergriff. Bevor sie der Mut verließ, durchquerte sie eilig die Eingangshalle, öffnete die Tür zum Arbeitszimmer ihres Vaters und ging hinein.

Das Kästchen stand auf einem Regal in der Nähe des Schreibtisches aus Zedernholz. Kupfer, dachte Jane, während sie mit dem Finger das eingravierte Blumenmuster nachzeichnete. Sie hatte das Kästchen schon oft gesehen und das kleine Schloss daran bemerkt, sich aber nie gefragt, was es wohl enthalten mochte. Bis jetzt.

Nachdem sie einen Blick über die Schulter geworfen hatte, um sicherzugehen, dass sie allein war, steckte sie den Schlüssel in das Schloss und drehte ihn. Ein leises Klicken ertönte. Sie klappte den Deckel zurück, und zum Vorschein kam das mit Samt ausgeschlagene Innere.

Dort lag – welch seltsamer Kontrast zu dem kostbaren Material – ein vergilbter, brauner Umschlag mit ausgefransten Ecken, zusammengehalten von einem arg zerschlissenen Bindfaden. Jane nahm ihn heraus, um ihn näher in Augenschein zu nehmen. Weder Schriftzeichen noch Briefmarken verunzierten die glatte Oberfläche.

Sie zögerte. Was sie hier tat, war nicht recht. Das Dokument war offensichtlich vertraulich, sonst hätte ihr Vater es nicht weggeschlossen.

Jane legte den Umschlag in das Kästchen zurück und wollte eben den Deckel zuklappen, als ihr der eigene Herzschlag auf einmal heftig in den Ohren dröhnte. Wieder sah sie den Umschlag an, und plötzlich überkam sie das Gefühl, sein Inhalt sei von allerhöchster Bedeutung.

Ihr Herz hämmerte lauter. Und bevor sie es sich wieder anders überlegen konnte, nahm sie den Umschlag und löste den Bindfaden. Dann klappte sie mit zitternden Fingern die Lasche auf und zog ein völlig vergilbtes Blatt Papier heraus. Es war mithilfe gedruckter Linien in verschiedene Abschnitte eingeteilt. In jedem Feld standen einige Worte.

Sorgfältig studierte sie die krakelige, ungelenke Handschrift, die an mehreren Stellen über die Begrenzungslinien hinweglief. Erst nach einer ganzen Weile wurde ihr klar, dass es Französisch war.

Französisch.



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