Das Omnivoren-Dilemma by Pollan Michael

Das Omnivoren-Dilemma by Pollan Michael

Autor:Pollan, Michael
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-05-06T04:00:00+00:00


ZWÖLF

DAS SCHLACHTEN: IN EINEM GLÄSERNEN SCHLACHTHOF

1. Mittwoch

Für heute bestand keine Aussicht, dass es um den Überschwang des Lebens auf einer Farm gehen werde. Heute war der Tag, an dem wir Brathähnchen »aufbereiteten« oder, um auf Beschönigung zu verzichten, Hühner töteten.

Trotz all der beträchtlichen Schönheit, die ich beim Verfolgen einer Nahrungskette mitbekommen hatte, in der die Sonne das Gras ernährte, das Gras die Rinder, die Rinder die Hühner und die Hühner uns, gab es ein unvermeidliches Bindeglied in dieser Kette, das nur wenige als schön ansähen: den draußen hinter dem Haus der Salatins im Freien befindlichen Aufbereitungsschuppen, wo, monatlich sechsmal im Laufe eines langen Vormittags, mehrere Hundert Hühner getötet, abgebrüht, gerupft und ausgeweidet werden.

Ich sagte, dieses Bindeglied sei »unvermeidlich«, aber natürlich tun die meisten von uns, einschließlich der meisten Farmer, die Nahrungstiere züchten, ihr Allermöglichstes, um zu vermeiden, an deren Schlachtung zu denken oder gar sich in irgendeiner direkten Form damit abzugeben. »Du hast gerade gespeist«, schrieb Emerson einmal, »und wie gewissenhaft das Schlachthaus auch immer in geziemender meilenweiter Entfernung versteckt ist, so existiert doch Komplizenschaft.«

Die Tötung der Tiere, die wir essen, findet generell hinter hohen Mauern statt, weit außerhalb unseres Blickfelds oder Wahrnehmungshorizonts. Hier hingegen nicht. Joel besteht darauf, Hühner auf der Farm zu schlachten, und würde auch seine Mastrinder und Mastschweine hier schlachten, wenn ihn die Regierung nur ließe. (Gemäß einer alten US-staatlichen Ausnahmeregelung dürfen Farmer nach wie vor auf Farmen ein paar Tausend Vögel aufbereiten, aber die meisten anderen Nahrungstiere müssen in einer bundesstaatlich oder US-behördlich geprüften, kontrollierten Einrichtung aufbereitet werden.) Joels grundsätzlicher Wunsch, diese Arbeit hier selbst zu erledigen, ist vielfach motiviert: wirtschaftlich, ökologisch, politisch, ethisch und sogar spirituell. »Die Art, wie ich ein Hähnchen produziere, fällt voll in den Bereich meiner Weltanschauung«, hatte er mir bei unserer ersten Unterhaltung gesagt; am Ende des Vormittags hatte ich dann eine wesentlich klarere Vorstellung von dem, was er meinte.



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