Cicero, De praetura Siciliensi (Verr. 2,2) by Christoph Schwameis

Cicero, De praetura Siciliensi (Verr. 2,2) by Christoph Schwameis

Autor:Christoph Schwameis
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Walter de Gruyter
veröffentlicht: 2019-02-15T00:00:00+00:00


2.6.1.2 Analyse der Erzähltechnik

Der Sopater-Fall zerfällt inhaltlich in vier Teile: Der erste, erzählende Teil (§§ 68–70) behandelt den Ausgangspunkt, insbesondere die Verhandlung über Bestechungen, interessanterweise ausschließlich aus der Perspektive des Opfers. Charakteristisch für den zweiten, ebenfalls narrativen Abschnitt (§§ 71–75) ist einerseits die szenische Gestaltung, andererseits die Wiedergabe von V.s Gedankengängen. Im dritten Teil (§§ 76–79), einem Exkurs, folgt die Entrüstung über den verbrecherischen Richter. Eine abschließende Argumentation (§§ 80–81) belegt die weit entfernte Erzählung. Hinsichtlich einer Gliederung der §§ 68–75 s. auch Berger (1978), 183 f.

Zu Beginn erfolgt die Überleitung zum neuen Abschnitt wie am Anfang unserer Rede mit einer praeteritio: Erneut scheint V. einer Unzahl von Verbrechen schuldig, ohne dass diese dargestellt werden. Der Beginn der Episode ist ganz auf das vergangene Verfahren ausgerichtet, wobei ein Gegensatz zwischen Sacerdos und V. konstruiert wird, welcher die Schuld des Letzteren hervorheben soll. Dabei verwendet C. ein von Quint. Inst. 5, 2, 1 näher beschriebenes rhetorisches Beweismittel, nämlich das praeiudicium. Argumentiert werde nach Quint. Inst. 5, 2, 2 in diesem Fall v. a. mit der auctoritas der früheren Richter und der similitudo rerum . Da die eigentlichen Ankläger anonym bleiben (§ 68 f.) und nur ganz am Anfang überhaupt erwähnt werden, scheint die Gefahr offenbar allein von V. auszugehen, der scheinbar die Rollen des Richters und Anklägers übernimmt.

Wie bei Epicrates (§ 55) belegt C. die Unschuld des Angeklagten ferner mit dessen angeblicher Sorglosigkeit, welche angesichts der Bereitwilligkeit, zu bestechen, einigermaßen zweifelhaft scheint. Die günstigen Bedingungen für den Prozess werden in der Folge (§ 69) direkt konstatiert. Der dadurch entstandene Eindruck eines sicheren Ausgangs bildet die Grundlage für die Bewertung des folgenden Auftretens des Timarchides, sodass die Bestechung nur auf die Drohungen des Freigelassenen und keineswegs auf eine Unsicherheit oder Schuld des Angeklagten hindeuten soll. Timarchides wird eingangs negativ charakterisiert, bevor seine Aussagen in indirekter Rede wiedergegeben werden. Diese ersetzen eine direkte Täterperspektive. Die Schilderung der verzweifelten Reaktion des Sopater ist ganz auf die Betonung der Opferrolle ausgerichtet, seine Schuld bei der Bestechung wird durch den Verweis auf den Ratschlag der Freunde relativiert: C. ist merklich bestrebt, die Initiative dem Timarchides zuzuschreiben und so Sopater möglichst zu entlasten, s. Massé (1834), 86 f. Nochmals betont C. danach (§ 70) das Selbstvertrauen des Angeklagten: Die Hervorhebung dieser Hoffnung erfolgt offenbar im Hinblick auf die spätere Verurteilung, wird damit doch ein Kontrast zwischen Ausgangslage und Ausgang hergestellt, welcher die Empörung verstärken soll. Der Anfang des Prozesses wird geradezu nebenbei erwähnt. Weit wichtiger ist die zweite Begegnung zwischen Timarchides und Sopater, in der der Gegensatz zwischen den Drohungen und dem Widerstand auch sprachlich herausgearbeitet und Sympathielenkung betrieben wird.

Im § 71 richtet C. die Erwartung des Rezipienten auf die Art der skrupellosen Mittel, derer sich V. bedienen wird. Diese indignierte Außenperspektive bestimmt auch die nun dargestellte Entfernung der Beiräte. Die Konsequenz des Abtretens der Beiräte wird zwar als neutrale Feststellung präsentiert, weist jedoch deutliche Bewertungen auf: die angebliche Einsamkeit des Propraetors (solus) sowie die Charakterisierung seines Gefolges (nequissima). Die beschriebene Erwartung des Minucius nach dem Abtritt der Beiräte impliziert nun (§ 72) jenes erwartbare ordnungsgemäße Vorgehen, das V.



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