Brennendes Wasser by Cussler Clive & Kemprecos Paul

Brennendes Wasser by Cussler Clive & Kemprecos Paul

Autor:Cussler, Clive & Kemprecos, Paul [Paul, Cussler Clive & Kemprecos]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-04-27T04:00:00+00:00


20

Das alte Schiff hing wie an unsichtbaren Kabeln mitten in der Luft, und sein mehrere Decks hoher Rumpf war von einem Netz aus sanft schimmernden, hellblauen Linien überzogen. Die großen Rahsegel blähten sich, und an der Mastspitze flatterten gespenstische Wimpel, als würden sie von einer auffrischenden Brise erfasst.

Hiram Yaeger lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und musterte das durchscheinende Abbild, das vor seinem hufeisenförmigen Schaltpult über einer Plattform schwebte. »Sie ist wunderschön, Max«, sagte er, »aber die Einzelheiten müssen noch feiner werden.«

Aus einem Dutzend Lautsprechern, die überall in die Wände eingelassen waren, ertönte sanft eine geisterhafte weibliche Stimme. »Sie haben doch ausdrücklich nur nach einer Blaupause verlangt, Hiram.« Sie klang ein wenig gereizt.

»Stimmt, Max«, antwortete Yaeger, »und du hast dich dabei selbst übertroffen. Aber nun würde ich gern ausprobieren, wie nah wir dem tatsächlichen Ergebnis kommen können.«

»Fertig«, sagte die Stimme.

Der Rumpf des Schiffs materialisierte sich wie ein Geist aus Ektoplasma. Von vorn bis achtern verliefen kunstvolle, golden glänzende Schnitzereien. Yaegers Blick verharrte auf der Bugspitze, die von einem hölzernen Abbild König Edgars gekrönt wurde, der mit seinem Schlachtross über die sieben gefallenen Monarchen hinwegritt, aus deren geschorenen Bärten man den Saum seines Mantels gefertigt hatte. Dann betrachtete Hiram die riesigen Darstellungen der prächtigen Götter des Olymps, bis hin zum hohen Achterschiff, das mit biblischen Figuren geschmückt war. Jedes einzelne Detail stimmte perfekt.

»Wow!«, rief er. »Du hast mir verschwiegen, dass du bereits alles berechnet hattest. Jetzt fehlen bloß noch ein paar Delphine.«

Im selben Moment wurde unter dem Schiff ein simuliertes Meer sichtbar, aus dem am Bug zwei Delphine hoch emporsprangen und klatschend wieder eintauchten. Das dreidimensionale Bild begann sich langsam zu drehen, während aus den Lautsprechern das Pfeifen und Schnattern der Delphine drang.

Yaeger klatschte begeistert in die Hände und lachte wie ein Kind.

»Max, du bist brillant!«

»Kein Wunder«, erwiderte die Stimme. »Schließlich haben Sie mich erschaffen.«

Yaeger hatte die enorm leistungsfähige künstliche Intelligenz nicht nur programmiert, sondern ihr auch seine eigene Stimme verpasst. Da er keine Selbstgespräche führen wollte, ließ er Max eine weibliche Klangfarbe annehmen. Die dazu passende weibliche Persönlichkeit hatte das Computersystem dann von ganz allein entwickelt.

»Deine Komplimente sind wirklich unvergleichlich«, sagte Hiram.

»Danke. Falls Sie jetzt fertig sind, würde ich gern eine kleine Pause einlegen, damit meine Schaltkreise abkühlen können. Hologramme sind immer so anstrengend für mich.«

Yaeger wusste, dass Max gern übertrieb und für die Berechnung des Schiffs nur einen winzigen Bruchteil seiner Kapazität eingesetzt hatte, doch neben der weiblichen Ausgabe seiner Stimme waren Max ein paar menschliche Charakterzüge einprogrammiert worden, darunter auch das Bedürfnis nach Anerkennung. Hiram vollführte eine zustimmende Geste. Das Schiff, das wogende Meer und die springenden Delphine lösten sich postwendend in Luft auf.

Hinter ihm klatschte jemand Beifall. Yaeger drehte sich um und sah Austin applaudieren.

»Hallo, Kurt«, sagte er grinsend. »Bitte nehmen Sie doch Platz.«

»Mächtig beeindruckend«, sagte Austin und setzte sich auf einen Stuhl neben Yaeger. »Bis hin zum großen Finale. Ich glaube, nicht einmal David Copperfield könnte ein ausgewachsenes englisches Großkampfschiff verschwinden lassen.«

Hiram war tatsächlich ein Magier, wenngleich er für seine Kunststücke nicht etwa Zylinder und Zauberstab, sondern moderne Elektronik benutzte.



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