Belgravia by Julian Fellowes

Belgravia by Julian Fellowes

Autor:Julian Fellowes
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: C.Bertelsmann Verlag


Einkommen fürs Leben

John Bellasis gab sich einen Ruck, bevor er über die Schwelle seines Elternhauses in der Harley Street trat. Er wusste sich nicht recht zu erklären, warum ihm das Haus solchen Widerwillen einflößte. Vielleicht weil es im Vergleich zu dem glanzvollen Palais seiner Tante am Belgrave Square so schäbig war. Vielleicht weil es ihn daran erinnerte, dass seine Herkunft nicht ganz so vornehm war, wie sie es hätte sein sollen. Oder es steckten viel schlichtere Gründe dahinter: Vielleicht langweilten ihn seine Eltern auch nur. Sie waren geistlos und ließen sich von hausgemachten Problemen zu Boden drücken; offen gestanden wünschte er zuweilen mit wachsender Ungeduld, sein Vater möge von der Bühne abtreten und ihn damit zum direkten Erben seines Onkels befördern. Wie auch immer, als die Tür geöffnet wurde und er eintrat, musste er gegen einen gewissen Überdruss ankämpfen.

Ein Lunch im Hause seiner Eltern war keine Einladung, um die er sich riss. In der Regel wand er sich mit einer Ausrede heraus: eine dringende Verpflichtung, die sich leider nicht verschieben ließ. Aber heute benötigte er – wieder einmal – Bares, deshalb blieb ihm nicht viel anderes übrig, als sich seiner Mutter gegenüber galant zu zeigen. Schließlich war er ihr Ein und Alles, und sie schlug ihm nur selten einen Wunsch ab. Er verlangte ja kein Vermögen, nur eine gewisse Summe, die ihm bis Weihnachten über die Runden helfen würde, und dann musste er auch noch Ellis und Turton bezahlen. Aber das war eine Investition, stellte er voller Zuversicht richtig. Eine kleine Vorleistung, die ihm ein Vielfaches an Rendite einbringen würde. Hoffte er jedenfalls.

Er hatte keine Ahnung, was der Butler und die Zofe ans Licht befördern würden, aber sein Instinkt sagte ihm, dass die Trenchards etwas zu verheimlichen hatten. Und da könnte jede erhellende Auskunft über Charles Pope und seine Verbindungen weiterhelfen. John baute vor allem auf den Butler. Er wusste eine käufliche Seele auf den ersten Blick zu erkennen, und ein Butler hatte freieren Zugang zu privaten Räumen als eine Zofe. Turton hatte Carte blanche und konnte sich überallhin begeben, wo er es für richtig hielt, auch hatte er Zugriff auf Schlüssel, die niedrigeren Dienstboten vorenthalten blieben. Der Wirkungsbereich einer Zofe war erheblich begrenzter. Natürlich hatte Turton den Überraschten und Entsetzten gespielt, als John andeutete, er könne doch Mr Trenchards Papiere durchsuchen, doch es war erstaunlich, wie rasch das Angebot von sechs Monatslöhnen einen Menschen überzeugen konnte.

Im kleinen Salon, der zur Straße hinausging, fand John seinen Vater in dem Lehnsessel am Fenster sitzen, wo er in der Times las. »Ist Mutter da?«, fragte John und sah sich um. Wenn sie im Haus wäre, könnte er vielleicht ganz auf den Lunch verzichten und gleich zum Kern der Sache vorstoßen, zu den Finanzen.

Die Einrichtung des Salons mutete merkwürdig an. Die meisten Möbel und die Porträts mit ihren schweren Goldrahmen und ihrem schwülstigen Stil wirkten viel zu groß für ihre Umgebung. Der Maßstab stimmte nicht, es sprang regelrecht ins Auge, dass diese Tische und Stühle früher in größeren Räumen gestanden hatten. Sogar die Lampen wirkten wuchtig.



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