Angstschrei: Thriller by James Hayman

Angstschrei: Thriller by James Hayman

Autor:James Hayman [Hayman, James]
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: Random House DE
veröffentlicht: 2011-10-16T22:00:00+00:00


17

McCabe fuhr nicht sofort zurück in die 109, sondern hielt vor dem Coffee by Design in der Congress Street an. Er ließ den Motor laufen und bestellte sich einen großen Becher von der dunklen Röstung des Tages, »Schwarzer Donner«, die sich zumindest danach anhörte, als sollte sie ihn eine ganze Weile auf Trab halten. Nachträglich kam er auf die Idee, sich auch noch einen Preiselbeer-Walnuss-Scone zu bestellen. Dann saß er eine ganze Weile in seinem Wagen, schlürfte und kaute und betrachtete sich das Bild von Elaine Goff im schwarzen Abendkleid. Ogden zu ihrer Linken. Jack Kelly zu ihrer Rechten. Der Typ, der aufgrund von Lainies Tod fast zweihundert Riesen bekommen sollte. McCabe wendete den Crown Vic, bog nach rechts in die Avon Street, dann sofort wieder nach links und noch einmal nach rechts, bis er zur Einfahrt eines großen, heruntergekommenen viktorianischen Stadthauses gelangte. Zwei kleinere Gebäude weiter hinten auf dem Grundstück schienen ebenfalls dazuzugehören. Er stellte sich zwischen einen roten Jeep Cherokee – einen von den alten, kastenförmigen – und einen verbeulten Schulbus, dessen ursprüngliche gelb-orangefarbene Lackierung hellblau übermalt worden war. In schwarz waren von Hand die Worte SANCTUARY HOUSE auf die blaue Grundierung gemalt worden. Darunter stand in etwas kleinerer Schrift: WO DIE HOFFNUNG ZU NEUEM LEBEN ERWACHT. Unter der blauen Farbe waren noch die Umrisse einer früheren Beschriftung zu erkennen. Sie hatte WEST PARIS SCHOOL DISTRICT gelautet.

Ein Junge und ein Mädchen, beide nur wenig älter als Casey, lehnten am Verandageländer, saugten voller Hingabe an ihren Zigarettenstummeln und gaben sich alle Mühe, ihn zu ignorieren. Der Junge wandte den Blick ab, als McCabe näher kam. Das Mädchen starrte ihn durch eine dicke Make-up-Schicht hindurch verächtlich an. Von schwarzem Lippenstift und noch schwärzerem Lidstrich schien sie mindestens ebenso abhängig zu sein wie von Nikotin. Unter dem bemalten Gesicht trug sie ein kurzes, flauschiges weißes Kunstpelzjäckchen sowie einen knappen Minirock über einer dunkelgrauen Leggings, die wiederum in flauschigen Stiefeln steckte, welche irgendwie zu dem flauschigen Jäckchen passten. Abgesehen von der Leggings, die wohl als Zugeständnis an das Wetter gewertet werden musste, schrie ihre ganze Aufmachung »Nutte«. Er wusste nicht, was genau er hier im Sanctuary House erwartet hatte, aber so etwas eher nicht.

McCabe setzte sein freundlichstes Lächeln auf. »Weiß jemand von euch vielleicht, wo ich John Kelly finden kann?«

Er bekam keine Antwort und wiederholte seine Frage.

Schließlich nickte das Mädchen langsam. »Ja. Wissen wir.«

»Na prima. Das ist doch ein Anfang. Und könnt ihr mir vielleicht auch sagen, wo?«

Sie nahm einen letzten tiefen Zug und warf den Stummel dann in eine große Konservendose, die offensichtlich genau zu diesem Zweck hier draußen stand. »Ich geh ihn holen«, sagte sie dann und betrat das Haus. Der Junge rauchte weiter und starrte auf die Straße. Sein mit Aknenarben übersätes Gesicht war unter den vielen Piercings fast nicht mehr zu erkennen.

»Schöner Tag heute, was?«, sagte McCabe.

Keine Antwort.

»Aber trotzdem ganz schön kalt. Eine Jacke könnte dir nicht schaden.«

Immer noch keine Antwort.

»Hast du auch einen Namen?«

»Nein.« Der Junge schnippte den Zigarettenstummel in die Konservendose und ging zur Haustür. McCabe folgte ihm achselzuckend.



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