Andere tun es doch auch by Matthias Sachau

Andere tun es doch auch by Matthias Sachau

Autor:Matthias Sachau [Sachau, Matthias]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Tags: Roman
ISBN: 9783843702881
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH
veröffentlicht: 2012-08-09T22:00:00+00:00


KAI Es müsste mir bessergehen. Tut es aber nicht. Fast gar nicht. Kaum zu glauben. Ich bin nach dem furchtbaren Erlebnis mit der neuen Verkäuferin bei Scholenbach Klassisches Schuhwerk zu meinem anderen Stammladen, von Truschinsky Herrenschuhe, getaumelt und habe dort zum ersten Mal in meinem Leben einen Edward-Green-Schuh anprobiert. Ganze zehn Minuten bin ich damit hin- und hergelaufen. Das weiche Kalbsleder schmiegte sich an meinen Fuß und streichelte ihn. Ich habe geradezu gespürt, wie der Geist vollendeter Schuhmacherkunst in mich gefahren ist. Trotzdem geht es mir nicht besser.

Wahrscheinlich hätte ich sie doch kaufen müssen. 820 Euro. Nein, geht nicht. Beim besten Willen. Frühestens wenn das Löwenstein-Projekt fertig ist. Wobei, eigentlich hatte ich die ersten Edward-Green-Schuhe als Selbstgeschenk für meinen vierzigsten Geburtstag eingeplant. Was, wenn ich jetzt schon vorgreife? Soll ich mir dann zum Vierzigsten die Maßgefertigten von John Lobb aus London leisten, die eigentlich für den Fünfzigsten vorgesehen waren? Und was dann zum Fünfzigsten? Eine Steigerung ist nicht mehr möglich. Vielleicht zum Vierzigsten ein Paar Maßgefertigte von Berluti und die von John Lobb doch wie geplant erst zum Fünfzigsten?

Oder hat das alles gar nichts mit meinem Problem zu tun? Kann es sein, dass ich mich auch schlecht fühlen würde, wenn ich genau in diesem Moment zwei auf Glanz polierte, perfekt eingelaufene Maßgefertigte von John Lobb an meinen Füßen hätte? So unglaublich das auch klingen mag, ich fürchte, die Antwort heißt ja. Manche tanzen um den heißen Brei herum, ich gehe in Schuhgeschäfte. Warum rufe ich nicht einfach bei Lara an? Weil ich auf einmal doch glaube, dass ich kein Anruftyp bin? Weil ich Angst habe, alles noch schlimmer zu machen? Pah! Schlimmer als jetzt geht es sowieso nicht. Und der Anruftyp in mir ist gestern zum Leben erwacht und hat gezeigt, was er kann.

Ich mache es jetzt einfach. Ich rufe sie an und erzähle ihr die ganze Geschichte von Großonkel Karl. Schade, ich hätte gestern mal ein paar Takte seiner abenteuerlichen Smells like Teen Spirit-Version mit dem Handy mitschneiden sollen. Wäre noch anschaulicher gewesen. Aber vielleicht kommt sie ja mit ins Museum für Verkehr und Technik?

Los jetzt! Da ist die Nummer. Kurz draufgetippt. Gleich sage ich »Hallo Lara«, und der Rest läuft von alleine. So arbeiten Anruftypen. Man muss sich nur trauen.



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